Lassen Sie Ihre Traurigkeit zu! beziehungsweise-Autorin Christiane Mieth weiß, dass sich Gefühle nicht einfach abstellen lassen. Manchmal ist eine Flut der Traurigkeit ist nötig, um wieder Sonne zu sehen
Ich scrolle durch alte Bilder. Du lachst in die Kamera, die Sonne strahlt dir ins Gesicht. Ich an deiner Schulter, glücklich. Wir am Strand in der Karibik. Eine brennende Träne rollt meine Wange hinunter. In mir drin kommt die Flut.
Überall nur Nebel
Zwei Wochen bist du schon weg. Und noch immer suchen mich die Szenen unserer Trennung jede Nacht heim und lassen mich nicht schlafen. Wir hatten schon seit Monaten Probleme, aber richtig gezofft hatten wir uns nie. Wir schwiegen lieber und hofften darauf, dass sich alles schon von allein richtet. Doch es hat mich zermürbt und innerlich aufgerieben. Ich klammerte mich an dir fest, obwohl ich wusste, es hat keinen Sinn mehr. Aber ich konnte nicht loslassen. Bis du mich eines Tages abgeschüttelt hast. Noch Stunden, nachdem deine Worte meinen letzten Funken Hoffnung ausgelöscht hatten, klammerte ich mich an dich, wimmerte in dein T-Shirt und flehte dich an, nicht zu gehen. Diese Szenen spuken jetzt ständig durch meinen Kopf. Nachts jagen sie mich wie Geister. Tagsüber liegt Nebel vor meinen Augen, und es dringt wenig zu mir durch.
Augen zu und durch
Ich dachte, Ignoranz wäre die beste Taktik. Augen zu und durch. Wenn ich der ganzen Sache keine große Aufmerksamkeit schenke, würde sie einfach an mir vorüber ziehen. Denn man soll sich ja nicht in Selbstmitleid baden. Und man darf sich nicht hängen lassen. Und morgen ist doch ein neuer Tag.
Und so ging ich am Tag nach unserer Trennung wie gewohnt ins Büro, ließ mir nichts anmerken, lachte sogar und machte Scherze. Ich ging abends zum Sport, so wie immer. Ich traf Freunde und wich Nachfragen zu dir einfach aus. Ich war ehrlich erstaunt darüber, wie gut ich schauspielern konnte. Doch die Szenen holten mich trotzdem jede Nacht und in jeder Ruhepause ein.