Ein Geruch von früher

Manchmal sind es ganz kleine und unscheinbare Dinge, die plötzlich eine Welle der Erinnerungen auslösen. Das können Orte sein, Musik, Bilder … oder auch Gerüche. Und mit einem Mal ist man wieder voll drin in der Welt von früher. Ein Gastbeitrag von Christiane Spooren

Wie jeden Abend steige ich in die Bahn, die mich nach Hause bringen soll. Ich freue mich, dass ich noch einen Platz gefunden habe, lasse mich erschöpft in den Sitz sinken, schließe die Augen und atme tief durch. Da spüre ich es. Oder vielmehr: rieche ich es. Ein Geruch, den ich gut kenne. Von früher.

Ich öffne die Augen und schaue mich suchend um. Neben mir sitzt ein Typ Anfang 20, lockiges Haar, mit Kopfhörern in den Ohren. Ich lehne mich unauffällig ein Stückchen näher an ihn heran. Ja, der Geruch kommt definitiv von ihm.

Ein ambivalenter Geruch

Gerüche haben die Eigenschaft, sich durch unzählige andere Eindrücke durchzusetzen. Man muss nicht einmal bewusst auf die Gerüche um einen herum achten, aber wenn man von einem ganz bestimmten Geruch eingefangen wird, kann er einem noch ewig in der Nase liegen.

Es ist kein unangenehmer Geruch, der mich schaudern lässt. Es ist eher ein Duft. Aber er erfüllt mich auch nicht unbedingt mit einem guten Gefühl. Mir wird warm und fast unmittelbar, nur durch das Einatmen der Duftwolke, fängt mein Herz an zu klopfen. Aber nicht, weil der Geruch so unfassbar toll oder der Typ, der ihn trägt, so unwiderstehlich ist. Nein, das Gefühl kommt von der Erinnerung, den der Duft in mir auslöst.

So ein Geruch muss nicht zwingend an eine Person gebunden sein. Ein bestimmter Geruch kann auch an einen Ort oder eine Sache oder vielleicht sogar nur an ein Gefühl erinnern. Wenn ich Lavendel rieche, fühle ich mich automatisch in die Provence gebeamt – wo ich wunderschöne Dinge erlebt habe.


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