Schreiben ist nicht nur ein kreativer Prozess, es ist auch befreiend und kann therapeutisch wirken. Tatijana Milovic nimmt angehende Autoren an die Hand und verrät in ihrem Buch “Rewrite Your Life” Tricks und Übungen, um aus dem eigenen Leben ein großes Werk zu machen. Ein Buchauszug
Muss ich immer wieder in die Fettnäpfchen des Lebens treten? Warum kann ich nicht auch mal Glück haben? Ist mein Leben ein nie enden wollender Burn-out? Nichts will auf lange Zeit hin glücken, allein die Pechsträhne ist immer gut frisiert …
Es gibt Momente, in denen du die Antworten auf diese oder ähnliche quälende Fragen und Überlegungen vom Leben selbst zu erhalten glaubst. Aber entsprechen sie immer der Wirklichkeit? Ein Autor kann bisweilen sehr dramatisieren, damit die Story mehr Zündstoff hat – insbesondere, wenn er an nichts Geringerem sitzt als an seinem Lebenswerk „Fifty shades of unhappiness“. Mit der folgenden dreiteiligen Übung kannst du deine Gewissheiten über dich überprüfen und die ondulierte Pechsträhne kräftig durcheinanderwirbeln. Dafür tobst du dich schreibend zwischen der Schatten- und der Sonnenseite aus. Die Übung kannst du an einem Stück machen, oder dir separate Schreibzeiten dafür reservieren. Da es um nichts Geringeres geht, als darum, deinen eigenen Glaubenssätzen auf die Schliche zu kommen und zu erkennen, wie stark sie dich beeinflussen, kannst du die Übung auch als begleitendes Schreibprojekt betrachten. Oder du startest einfach und siehst, wie weit sie dich bringt. Das kann nicht nur zu interessanten Erkenntnissen führen, sondern deine Kreativität zum Sieden bringen. Denn Achtung, der Dramatiker in dir darf sich nun ins Schreibzeug legen, um bestimmte Tendenzen von Schön – oder Schwarzfärberei stärker herauszuarbeiten.
Part I: Facts & Figures
Im ersten Schritt brauchst du als Autor deines Lebens eine gute Recherchebasis, den Faktenbericht. Sammele die wichtigsten Ereignisse und Stationen deines Lebens, ohne sie jedoch zu interpretieren oder Schlussfolgerungen daraus zu ziehen. Wie bist du aufgewachsen? Welche Menschen waren wichtig für dich und was hat dich zu dem gemacht, der du heute bist? Liste Erfahrungen nüchtern auf, und protokolliere, was faktisch nachweisbar ist. Du musst keinen roten Faden erkennen, nichts in einen Sinnzusammenhang bringen und keine einwandfreie Argumentationslinie finden – in dieser Rolle verhältst du dich eher wie ein Polizist, den allein die Fakten interessieren. Lass dir ausreichend Zeit damit, und sortiere so wenig wie möglich aus. Gerade Nebensächlichkeiten können aufschlussreich sein. Am Ende wirst du einen etwas drögen Lebensbericht in den Händen halten oder auf dem Monitor blinken sehen – aber nicht mehr lange.