Tanja schildert noch einmal minutiös ihre Symptome, sie versucht. Wolfgang ihre Gefühle haargenau zu beschreiben, ein Angang, weil in ihr Chaos herrscht. „Zwei Seelen wohnen in meiner Brust“, sagt sie. „Mein Kopf sagt, dass ich Reinhard liebe, und zugleich ist meine Liebe verschwunden. Ich suche sie in mir.“ Tanja weint, während sie das sagt. Wolfgang bittet Reinhard, das Zimmer zu verlassen. Nach zwei Stunden holt er ihn wieder dazu und erklärt, dass er nahezu sicher sei, dass die absurden Zweifel, diese Abscheu vor Reinhard, die eben nicht begründet ist, dass dieses abrupte Auftauchen von zwanghaften Gedanken Symptome von ROCD sein könnten. Das sei eine Störung, die entweder allein auftritt als eigenständiges Krankheitsbild oder im Zusammenhang mit Depressionen. Er rät Tanja zu einer Psychotherapie.
Der Albtraum hat einen Namen: Relationship Obsessive Compulsive Disorder
„Uns fiel ein Stein vom Herzen“ berichten Tanja und Reinhard. „Wir hatten endlich etwas Greifbares. Damit war das Problem nicht aus der Welt. Wir haben die Praxis nicht als Liebespaar verlassen. Es stand und steht etwas zwischen uns, etwas Furchtbares, das die Partnerschaft zerstören kann. Aber es hat einen Namen. Und es hat nichts mit uns zu tun. Das sind zwei Werkzeuge, die uns helfen können, damit fertig zu werden. Wir wollen das zusammen durchstehen, wir wollen zusammenhalten.“
Der Tag wird kommen, an dem die Liebe plötzlich wieder da ist
Reinhard weiß, dass es vor allem an ihm ist, die nächsten Monate durchzustehen, die drohenden emotionalen Attacken von Tanja zu ertragen und sich immer wieder wie ein Mantra vorzubeten, dass es nicht mit ihm persönlich zu tun hat. „Das wird schwer“, sagt er. „Aber ich bin bereit, den Kampf gegen diesen Spuk anzutreten, ihm die Stirn zu zeigen. Und Tanja ist bereit, sich behandeln zu lassen. Es wird der Tag kommen, an dem sie wieder gesund ist und sehen kann, dass auch unsere Liebe gesund ist.“