Es ist in einer solchen Situation nicht verboten, eine eigene Meinung zu haben. Aber, bevor man diese äußert, tut ein Perspektivwechsel gut. Würde man selber wollen, dass eine bestimmt nicht leichtfertig getroffene Entscheidung in Frage gestellt wird? Man selbst würde es vielleicht anders machen, aber auf das Urteilsvermögen unseres Gegenübers zu vertrauen, ist auch eine Frage von Respekt. Wurde ich nach meiner Meinung gefragt? Nein. Wurde ich gebeten, da zu sein? Ja. Ich hätte einfach, „Klar komme ich mit!“, sagen sollen.
Sich in die Lage des anderen hineinzuversetzen, kann belastend sein. Vor allem, wenn die ‚schlechten Zeiten‘ schlimm sind. Was tun, wenn man erleben muss, wie ein geliebter Mensch stirbt. Oder der Partner einer Freundin? Es ist völlig in Ordnung, wenn man mit dem Thema Tod emotional überfordert ist. Innerhalb der Familie kann man sich dem nicht entziehen. Aber bei Freunden?
Was tun, wenn ein geliebter Mensch stirbt?
Niemand muss sich selbst Leid antun, um für jemanden da zu sein. Man sollte die eigene Hilflosigkeit aber kommunizieren. „Ich kann das nicht.“ zu sagen ist wesentlich hilfreicher, als einfach abzutauchen. Es wird niemand böse sein, wenn er weiß__, woran er ist.
Vor einigen Jahren ist mein damaliger Lebensgefährte gestorben. Er war lange sehr krank und hat seine letzten Wochen zu Hause verbracht. Ohne die selbstlose Unterstützung von Freunden hätte ich das nicht geschafft. Am Anfang habe ich mich noch gescheut, um Hilfe zu bitten. Neben der emotionalen Belastung ist es ja auch ein Zeitfaktor. Die Freunde sind berufstätig, haben selber Partner und Kinder. Aber sie waren einfach da. Sie haben gekocht, geputzt, sind einkaufen gegangen. Wenn sie durch die Hilfe zwischendurch selbst in Stress geraten sein mögen – sie haben es mich nie spüren lassen. Auch mit unerbetenen Ratschlägen haben sie sich zurückgehalten.
Zu fragen: „Was brauchst Du?“, „Soll ich kommen?“, „Wie kann ich helfen?“ ist enorm wichtig. Für jemanden da sein zu wollen, ist ein Angebot, dass der andere ausschlagen darf. Das Wissen darum, dass man nicht alleine ist, wenn man nicht alleine sein will, reicht als moralische Stütze oft schon aus.