Warum texten wir so viel, aber sprechen kaum noch miteinander?

Einer meldete sich nach dem ersten – wie gesagt: netten – Treffen nicht mehr. Okay, dachte ich mir, kommt vor.

Zwei fingen danach wie exzessiv an zu texten und entwickelten eine gewisse Meisterschaft darin, Folgetreffen aufzuschieben oder zu verhindern, ohne unseren Kontakt ganz abzubrechen.

Beide texteten mich aber 24/7 voll, als ginge es um ihr Leben. In ihren Nachrichten sprachen sie so ziemlich jedes bedeutungsvolle Thema an, das man sich vorstellen kann. Willst du Kinder? Was ist deine Vision von einer Beziehung? Von der plumpen (sie dachten wohl: subtilen) Sexualisierung des Chats mal ganz zu schweigen.

Wenn es dann doch zu einem weiteren Date kam (ich musste ganze Überzeugungsarbeit leisten), schwitzten sie vor stummer Angst, ließen jeden Mut und jede Initiative vermissen. Maulhelden. Zu einem sagte ich: Du textest so viel, bist aber nicht fähig oder willens, ein Gespräch zu führen. Er sah mich an, schwieg eine Weile und wechselte das Thema.

Tja, einer war noch „übrig“. Wir trafen uns regelmäßig, unternahmen etwas, hatten sogar nach einem Abend mit zu viel Alkohol Sex, der auch wirklich gut war. Wir taten es einmal, zweimal, und noch ein drittes und viertes Mal in dieser Nacht. Wir lagen verschwitzt nebeneinander. Er sah auf die Uhr. Vier Uhr, fuck.

Musst du los, fragte ich.

Er sah an die Decke, ja, sagte er. Er hatte mich nicht verstanden.

Du kannst gerne hier schlafen.

Das ist nett, aber ich muss.

Ich würde mir wünschen, mit dir zusammen einzuschlafen.

Jetzt sah er mich endlich an, mit so einem bescheuerten Hundebabyblick, der mein erwachtes Herz wieder einschläfern sollte.

Er ging.

Und ich textete am nächsten Mittag meine letzte Nachricht in der App. Ich wollte wieder das echte Leben und keine Missverständnisse. Wieder echte Gespräche. Echten Herzschmerz, echte Sehnsucht. Und echte Liebe.

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