Der Anfang vom Ende? Kein Sex mehr ohne Kopf-Kino
„Wenn man frisch verliebt ist, dann findet man ja alles am Anderen toll“ sagt Oliver. „Dann korrigiert das Leben manches, aber am Ende bleibt im optimalen Fall noch sehr viel übrig, was man wahre Liebe nennt, was stabil ist, worauf man eine Zukunft aufbaut. Bei mir war es so, dass sich die Phase der Verliebtheit lange gehalten hat. Noch als Sabrina mit unserem ersten Kind schwanger war, da sind wir immerhin schon vier Jahre zusammen gewesen, habe ich sie regelrecht vergöttert. Ich fand ausnahmslos alles an ihr gut, ihr Aussehen, ihre Persönlichkeit, sie war wahnsinnig sexy, wir hatten wahnsinnig guten Sex. Und dann die Art, wie sie ihren Job gemacht hat, hundertprozentig. Sie war einfach charismatisch, und meine Freunde haben mich um Sabrina beneidet. Sie und ich haben zusammen Jura studiert, sie hat als Jahrgangsbeste abgeschlossen. Ich habe dann nach dem Abschluss die Firma meines Vaters übernommen, und Sabrina ist als Medienanwältin in eine Kanzlei eingestiegen. Sie hatte in ihrem Alltag oft mit Promis zu tun, es umwehte sie ein Glamour. Ich bin fast vor Sabrina auf die Knie gefallen, als sie sich bereit erklärt hat, dass sie als Mutter in den ersten Jahren ausschließlich für unsere Kinder da sein will.“
Zuerst ändert diese Entscheidung auch nichts an Olivers großen Gefühlen. Aus der Dankbarkeit und Verehrung ist im Laufe der Jahre dann allerdings schleichend eine leise Verachtung entstanden, die sich auch auf die Erotik auswirkt. Früher gab es morgens oft einen Quickie im Badezimmer, während die Kinder noch schliefen. Oliver konnte nicht genug von Sabrina bekommen.
„Meine Frau hat sich in den letzten Jahren äußerlich nicht verändert. Ich müsste verrückt nach ihr sein. Sie ist innerlich vermuttert, aber sie sieht wahrlich nicht aus wie eine Mutti“, sagt Oliver. „Sabrina macht viel Sport, sie hat eine Top-Figur, sie hat lange blonde Haare, kaum Falten, ihre grünen Augen blitzen, wenn sie lacht, wenn sie ihre schönen Zähne zeigt. Unwiderstehlich, das dachte ich früher. Heute gähne ich und drehe mich auf die andere Seite, wenn sie abends zu mir ins Bett kommt. Es heißt doch immer, dass Sex im Kopf beginnt, das ist echt die Wahrheit. Das hätte ich als junger Mann nicht geglaubt, jedenfalls nicht in diesem Ausmaß. Im Grunde genommen ist es fast ausschließlich der Kopf, der den Sex aufregend macht, nicht die Schönheit des Gegenübers. Die Gespräche mit Sabrina sind eine Tortur, immer dasselbe, ein dummes Geplapper. Da kommt kein Begehren auf, ich finde ja auch eine Schaufensterpuppe nicht anziehend. Morgens habe ich ebenfalls keine Lust auf Sabrina. Allein der Gedanke, dass sie sich wieder ins Bett legt und mit ihrer Freundin telefoniert, wenn ich weg bin, dass sie ihren Hintern nicht hochkriegt, macht mich wütend. Dann geht sie aus dem Haus, trifft sich zum Frühstück, verquatscht ihre Zeit mit anderen langweiligen Frauen.”