Tausendmal hin- und hergeschrieben, tausendmal ist nichts passiert. Wenn man/frau zum WhatsApp-Clown wird, rückt die Liebe in weite Ferne
Ganze Freundschaften haben sich inzwischen ins Internet verlagert. Warum sich treffen, wenn es übers Smartphone doch alles viel bequemer ist? Das ist natürlich Unsinn. Eigentlich. Denn wenn man sich mal auf unseren Straßen umschaut, starren viele selbst während des Gehens noch gebannt auf das Smartphone.
Was charakterisiert uns?
- Wir sind ständig erreichbar
- Wir glauben, uns ständig äußern und darstellen zu müssen. Dazu gehört auch der Drang, auf Nachrichten sofort zu reagieren
- Das Private verlagert sich durch die Digitalisierung mehr und mehr in den öffentlichen Raum
Kurz: Erreichbarkeit, Selbstdarstellung und Öffentlichkeit sind unsere Imperative.
Diese „soziale Digitalisierung“ macht auch vor unseren Paarbeziehungen (und allen ihren Vorformen) nicht halt. Wenn man heute gefragt wird, wo man sich kennengelernt habe, darf man inzwischen ruhig zugeben: über Tinder, Twitter oder sogar: über ein Forum für Fans der spätmittelalterlichen Met-Braukultur. Alles längst kein Problem mehr.
Dieses Zeitklima hat ein interessantes Phänomen hervorgebracht, welches es ohne Dating-Apps und WhatsApp gar nicht geben würde: den WhatsApp-Clown.
WhatsApp-Clowns sind jene Menschen, Männer wie Frauen, die jemand anderen wirklich, live, kennenlernen wollen und sich dabei zunächst notgedrungen auf einen WhatsApp-Chat einlassen, der aber zu keinem Ergebnis (z.B. ein Treffen) führt. Irgendwann überkommt einen das üble Gefühl, die andere Seite wolle tatsächlich nichts, als endlos zu chatten. Tausende Nachrichten werden verschickt. Die eine Seite hofft, die andere wehrt unterdessen jeden Versuch, den Kontakt in die nicht-digitale Welt zu verlagern, geschickt ab. Es wird vertröstet, versprochen (und wieder gebrochen), verschoben, aufgeschoben, abgelenkt und ignoriert. Hier mal ein Fünkchen Hoffnung, da mal wieder eine leichte, nicht zu starke Zurückweisung – und schon ist der WhatsApp-Clown geboren. Eine bedauerliche Gattung, die sich manchmal monatelang an der Nase herumführen lässt.
Ich will doch nur spielen …
Eine Bekannte von mir ist eine echte Expertin darin, WhatsApp-Clowns anzulocken und an sich zu binden. Sie ist attraktiv, nett und gebildet; aber sie hat nicht mit mehreren Männern parallel Kontakt, um einen von ihnen zu treffen, sondern um sich von ihnen unterhalten zu lassen, wenn ihr langweilig ist. Oder, wie sie sagt, „um ein bisschen mit ihnen zu spielen.“
Ich habe sie mal gefragt, ob sie das nicht etwas verwerflich finde. „Die sind doch selber schuld,“ entgegnete sie mir. „Ein echter Mann, der mich interessiert, würde mir doch nicht wie ein Schoßhündchen hinterherlaufen.“