Nudging oder Wie ich meinen Freund dazu brachte zu tun, was ich wollte

Manipulation geht gar nicht. Doch gerade bei der Aufgabenteilung werden Bitten und Wünsche ja gerne überhört. Was dann? Wie Jule Blogt ihren Freund dazu brachte zu tun, was sie wollte

Es ist Samstagabend, ich sitze auf dem Sofa, binge meine Lieblingsserie und dann passiert es: Mein kleines Katzentier rauscht mit vollem Karacho gegen die Couch. Knall, rums, autsch. Katerchen ist – mal wieder – über das notdürftig verlegte Verlängerungskabel zwischen Steckdose und Fernseher gestolpert, während er auf Bällchenjagd war. Noch während ich mich mütterlich um das benommene Tier sorgte, stieg Wut in mir auf. Habe ich meinem Herzblatt nicht schon Hundert Mal gesagt, dass er endlich den geplanten Kabelkanal anbauen sollte? Ich bin es leid, ihm ständig Anweisungen zu geben und Vorschriften zu machen, damit endlich etwas im Haushalt umgesetzt wird. Gibt es nicht eine bessere Methode, um dafür zu sorgen, dass der Partner die Aufgaben erledigt, wie man ihm aufgetragen hat?

“Stupse ihn doch mal indirekt in die Richtung, die du gerne hättest”, schlug mir meine beste Freundin Katharina vor. Die Methode, von der sie sprach, nennt sich Nudging und kommt eigentlich aus der Verhaltensökonomie. Sie geht von der Annahme aus, dass der Mensch gerne falsche Entscheidungen trifft. Wir verharren zum Beispiel lieber in einer bekannten Situation, anstatt uns zu verändern. Mein Freund hatte sich einfach an das herumliegende Kabel gewöhnt und sah keinen Bedarf für Veränderung. Mit minimalen “Stupsern”, die unbewusst verlaufen, könnte nach dieser Theorie dafür gesorgt werden, dass sein Verhalten in eine andere Richtung gelenkt wird.

Denn warum gibt es zum Beispiel in manchen Pissoirs eine aufgemalte Fliege in der Keramik? Weil erst dann alle dorthin zielen, wohin sie sollen. Das Verhalten eines Menschen auf vorhersagbare Weise zu verändern, ohne mit Belohnungen zu winken oder Verbote auszusprechen, klingt ziemlich gut, oder? Nudging ist sozusagen die kleine, schüchterne Schwester der Manipulation.

Manipulation? Funktioniert bei ihm nicht

Nudging ist darauf aus, möglichst unbemerkt zu bleiben. Doch wie schaffe ich es, mein Herzblatt dazu zu “stupsen”, endlich etwas gegen die Stolperfalle im Wohnzimmer zu unternehmen?

1. Versuch: “Guck mal, die Katze ist schon wieder gegen die Couch gelaufen.” Reaktion: Schulterzucken und ein genervtes “Nicht mal laufen kann das Tier.”.

2. Versuch: “Schaaaaatz (das langgezogene A ist besonders wichtig), wir haben da noch einen Kabelkanal im Abstellraum. Meinst du, den brauchen wir noch?” Reaktion: “Ich hab dir doch schon zehn Mal gesagt, dass du in meinem Teil der Abstellkammer nichts zu suchen hast.”

3. Versuch: “Der Staubsaugerroboter hat sich schon wieder am Kabel festgehangen und dadurch aufgehört die Wohnung zu putzen.” Reaktion: “Du solltest das Kabel wegnehmen, bevor du den Staubsaugerroboter anmachst, dann klappt das schon.”

Ich atme tief durch und merke: funktioniert nicht. Mal wieder wurde ich davon überzeugt, dass jegliche Manipulationsversuche, seien sie auch noch so klein, an meinem Herzblatt abprallen wie Gummibälle am Fußboden.


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