Nicht WIR haben ein Alkoholproblem – DU hast ein Problem

Als wenn man das vergleichen könnte: Eine Frau, bei der Betrunkensein zur Tagesordnung gehört und ein Mann, der seltener ins Kino oder ins Theater gehen mag.“

Ich bin ihr Mann und nicht ihr Erzieher

Sebastian schüttelt verbittert den Kopf. Er kann nicht begreifen, dass Marita und er sich derart weit voneinander entfernt haben, dass sie keine gemeinsame Sprache mehr haben, keine gemeinsame Sicht auf die Welt. Sebastian hat sich abgearbeitet an dem Thema „Alkoholismus“, er kennt die gängigen Prämissen, er weiß, dass es oft Sinn macht, den Trinkenden fallen zu lassen, damit dieser zu der Einsicht kommt, dass er Hilfe braucht.

Marita hat den innerlichen Ehevertrag aufgelöst

„Ich habe Marita gesagt, dass ich ihr noch ein halbes Jahr gebe, sich zu ändern. Passiert nichts, bin ich weg. Zu Marita auf Distanz gehen, damit sie zu sich kommt, sie strategisch zu verlassen, damit sie wach wird, das kommt für mich nicht in Frage. Ich bin ihr Mann und nicht ihr Erzieher, der sie dahin bringt, ihr Verhalten in den klaren Blick zu nehmen. Das muss sie freiwillig tun. Das ist doch meistens eine ewige Wiederkehr das Gleichen, der Partner zieht sich zurück, der Trinkende macht einen Entzug, der Partner kommt zurück, dann geht alles von vorn los, die ganze Beziehung ist damit ein einziger Kompromiss“, sagt Sebastian. „Diesen Weg, der ja oft ein Leben lang dauert, ein Entzug folgt dem nächsten, Rückfälle werfen einen immer wieder zurück, Kummer und Leid mit und wegen Alkohol werden zum ständigen Begleiter, diesen Weg gehe ich nicht mit. Das ist genau der Kompromiss, wo meine Liebe aufhört, wo mein Selbst ins Spiel kommt, wo aufbricht, unter welchen Bedingungen wir unsere Ehe begonnen haben, dass wir nämlich beide Verantwortung für uns tragen, dass wir dafür einstehen, uns dem anderen zumuten zu können, ihm angenehm zu sein, an uns zu arbeiten. Marita hat diesen innerlichen Vertrag mit mir aufgekündigt, bewusst oder unbewusst erwartet sie, dass ich diesen Kompromiss eingehe, sie regelmäßig betrunken zu ertragen. Mich interessiert nicht, ob das eine Krankheit ist oder nicht. Dieser Preis ist mir zu hoch. Ich bin lieber allein, als mit einer Schnapsleiche zu leben. Das hätte die Marita, in die ich mich verliebt habe, genauso gesehen. Marita hat ein Alkoholproblem, nicht wir haben es.“


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