Sie trinkt und er kann ihren Konsum nicht mehr länger ertragen. Über Alkohol als Trennungsgrund trotz großer Liebe schreibt beziehungsweise-Autorin Birgit Ehrenberg
Marita und Sebastian waren bis Ende 30 aus vollster Überzeugung Single. Denn: Beide sahen in ihrem Umfeld haufenweise Paare, die in ihrer Beziehung einen verheerenden Kompromiss nach dem anderen eingingen, bis am Ende aus der großen Liebe ein kümmerliches Pflänzchen geworden ist, das sich vor allem aus der Angst vor dem Alleinsein speist. Beziehung bedeutete für Marita und Sebastian: Zwei Persönlichkeiten mit individuellen Ecken und Kanten, die den Charakter und ein Ich ausmachen und erstrahlen lassen, verschmelzen zu einem diffusen „Wir“. Kein erstrebenswertes Modell für Marita und Sebastian, sie waren sich quasi einig, längst bevor sie ein Paar wurden, dann lieber allein, das Leben nach eigenen Vorstellungen formen, auf niemanden Rücksicht nehmen, die Freuden des Daseins genießen, ab und zu eine Affäre.
Da beide auch nie Kinder wollten, hatten Marita und Sebastian die besten Voraussetzungen, um dauerhaft als Single glücklich zu sein. Wenn sie sich nicht eines Tages Hals über Kopf ineinander verliebt hätten, weil sie eben in jeder Hinsicht miteinander harmonieren, da sie kompromisslos zueinander passen. Bis Marita sich verändert – das an einem empfindlichen und entscheidenden Punkt, wie Sebastian findet. Aus dem kultivierten Umgang mit Wein, den das Paar gepflegt hat, wird bei Marita eine Sucht, sie ist häufig betrunken, sie leugnet das. Es gibt oft entsetzlichen Streit ums Trinken. Sebastian denkt, er muss nun das tun, was er in einer Partnerschaft nie wollte, er muss einen Kompromiss eingehen, er muss sich damit abfinden, dass seine Frau nicht mehr zu ihm passt, weil sie krank ist, weil sie sich gehen lässt, wie auch immer. Sebastian ist kreuzunglücklich und möchte am liebsten weglaufen.