In dieser Phase der Partnerschaft staut sich bei Tobias einiges auf. Es beginnt damit, dass er sich ärgert, wenn Anna sonntags meistens früh aufsteht, um zur Kirche zu gehen. Tobias dagegen würde am liebsten bis mittags mit Anna im Bett liegen, Sex haben, schließlich ein üppiges Frühstück im Bett, danach wieder Sex, intensive Gespräche. Tobias bekommt immer öfter schlechte Laune, wenn Anna sonntags das Bett verlässt, sich duscht, sich leise anzieht, die Wohnung verlässt.
Annas Glaube wird zum persönlichen Feind von Tobias
„Ich habe in unserem Bett gelegen, mich einsam gefühlt, ich habe noch Annas Wärme gespürt, ihren Geruch, doch sie war weg, und ich fand den Grund doof, warum sie weg war. Es war für mich kein Grund. Ich habe sie vermisst, und ich habe eine Mordswut auf ihren Gott bekommen, ich war richtig eifersüchtig auf ihn. Wenn Anna dann aus der Kirche zurückkam, hat sie sich wieder zu mir gelegt, sie hatte Lust auf mich, doch bei mir war der Ofen aus. Und ich konnte auch nicht darüber sprechen, was mich bewegt, ich wollte Anna nicht angreifen, aber ich konnte meinen Ärger auch nicht unterdrücken. Ich war unausstehlich.“
Solche Momente häufen sich, die Stimmung zwischen Anna und Tobias wird gereizter, die anregenden Gespräche über Gott und die Welt, in denen es auch freundlich um Gott ging, hören auf. Es wird viel geschwiegen in der Beziehung, wobei Anna immer wieder versucht, Tobias aus der Reserve zu locken. Sie spürt, dass bei ihm etwas hochkommt, dass er in der ersten Zeit der Verliebtheit gut damit umgehen konnte, dass es zwischen ihm und ihr einen eklatanten Unterschied gibt, nämlich Gott, und dass dieser Unterschied „Gott“ jetzt einen Keil zwischen die beiden treibt.
Tobias versucht, Annas Gott kennenzulernen, geht sogar einmal mit in die Kirche
„Ich habe dennoch nicht an unserer Beziehung gezweifelt, überhaupt nicht“, sagt Anna. „Ich wusste, dass wir zusammengehören. Ich wusste, was alles in Tobias schwelt. Ich wusste, dass er große Angst davor hat, dass ich kirchlich heiraten möchte, dass er mir das nicht versagen will, aber dass er es einfach nicht über sich bringt. Ich wusste, dass er mich wirklich sehr liebt. Tobias hat mich sogar einmal in den Gottesdienst begleitet, er rutschte in der Kirchenbank unruhig neben mir hin und her, das ging ihm alles sehr auf die Nerven. Aber ich fand das dennoch einfach überwältigend, dass er es überhaupt versucht hat, sich diesem Teil meines Lebens zu nähern. Ich wusste, dass unsere Liebe für ein gemeinsames Leben mehr als taugt. Das hat mir die Kraft gegeben, nicht die Flinte ins Korn zu werfen, als es anfing, zwischen uns zu kriseln.
Ich habe Tobias einen Vorschlag gemacht, ich fragte ihn, ob er sich vorstellen könne, dass wir zu einem Mediator gehen, ich kannte einen, der sein Handwerk versteht, ein Profi, der die unterschiedlichsten Ansichten von Menschen unter einen Hut bringt. Und ich fragte Tobias, ob er sich auch vorstellen könnte, dass eine Pfarrerin, die ich sehr schätze, ein echter Freigeist, mit uns spricht. Diese beiden Wege haben wir dann beschritten. Als ich Tobias daraufhin ansprach, ob wir uns Unterstützung holen und was mir vorschwebt, war er sehr erleichtert, ihn quälte der Gedanke, dass es zum Bruch zwischen uns kommt genauso wie mich.
Gott ist für Anna wichtig, aber Tobias ist ihr Leben
Ich wollte Tobias nicht für meinen Glauben aufgeben. Tobias und Gott, das war für mich kein Widerspruch. Ich hatte innerlich die Gewissheit, dass Gott sich mit mir freut, dass ich diese Liebe gefunden habe. Ich war sicher, dass Gott will, dass Tobias und ich ein Paar sind, eine Familie gründen, dass Tobias ein wunderbarer Mensch ist – eben nur kein Christ. Aber es gibt Christen, die sind auch keine wunderbaren Menschen.“
Anna und Tobias sind ein paar Wochen zu dem Mediator gegangen, der die Kommunikation zwischen Anna und Tobias wieder in Gang gebracht hat, der den beiden wieder Mut gemacht hat, dass ihre Beziehung eine große Chance hat, weil die Grundvoraussetzungen einfach ideal sind.
Wir gehören zusammen: Vor Gott und der Welt, darum geht es
„Diese Gespräche waren der eine Pfeiler, der unserer Beziehung ein Fundament gab, das heißt, wir haben das Fundament ausgegraben, wir konnten es erneut erkennen und schätzen“ sagt Tobias, „aber dass wir auch einige Male mit der Pfarrerin gesprochen haben, das war der andere solide Pfeiler. Die Pfarrerin hat mir das Gefühl gegeben, dass mein Nicht-Glaube absolut okay ist und dass mich Anna mit diesem Nicht-Glauben absolut liebt.
Ich habe die Zweifel aufgeben können, dass etwas zwischen uns steht. Wir sind wieder sehr glücklich miteinander, Anna und ich. Sie geht ein bis zwei Mal im Monat in die Kirche, und an den anderen Sonntagen liegt sie mit mir im Bett. Ob wir eines Tages noch in der Kirche heiraten, das steht in den Sternen, darüber machen wir uns keinen Kopf. Im Standesamt waren wir schon, wir sind Mann und Frau. Wir gehören zusammen, vor Gott und der Welt. Darum geht es.“