Ist das noch normal oder schon Paranoia?
Man könnte sich jetzt fragen: Ist das nicht schon pathologisch? Die Antwort fällt nicht einfach. Natürlich gibt es so etwas wie Paranoia und in der Krankheitslehre existiert seit Jahrzehnten der Begriff der paranoiden Persönlichkeit bzw. Persönlichkeitsstörung. Doch man sollte nicht vorschnell urteilen. Niemand von uns ist nur ein einzelner, bestimmter Persönlichkeitstypus wie z.B. ein „wachsamer Mensch“. Und zugleich kann jeder Persönlichkeitszug unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Fachleute sprechen in diesem Zusammenhang von einem „Kontinuum“, das heißt von einem fließenden Übergang von einer schwachen Ausprägung eines Persönlichkeitszuges hin zu einer starken.
Intuitiv einleuchtend dürfte dennoch eine grobe Unterscheidung zwischen gemäßigt wachsamen Personen (solche, die die oben genannten Merkmale zu einem gewissen Grad aufweisen, ohne dass diese sie nachhaltig und massiv z.B. in ihren Beziehungen einschränken bzw. belasten) und extrem wachsamen (solche, die durch diesen Persönlichkeitszug ihr eigenes Leben und Beziehungen stark belasten und darunter leiden) sein.
Tipps für den Umgang mit gemäßigt wachsamen Partnern
Wenn ihr Partner oder ihre Partnerin wachsame Züge trägt, diese aber eher gemäßigt sind, können folgende fünf Tipps möglicherweise Ihre Beziehung verbessern/entspannen:
- Ihr wachsamer Partner ist sehr empfindlich für Kritik. Nutzen Sie diesen „wunden Punkt“ nicht mutwillig aus, um bei ihm/ihr eine Reaktion zu bewirken. Mahnen Sie sich selbst zu respektvollem Verhalten, selbst wenn Ihnen während eines Streits stark danach ist, mal etwas zu sticheln und Ihr Gegenüber zu provozieren. Das ginge nach hinten los, garantiert.
- Nehmen Sie das Bedürfnis Ihres wachsamen Partners ernst, Dinge unter Kontrolle zu haben. Es gehört zu seiner Persönlichkeit, es ist ein ehrliches Bedürfnis von ihm/ihr. Belächeln Sie ihn/sie nicht dafür, sondern zeigen Sie stattdessen Ihre aufrichtige Wertschätzung und Liebe seiner/ihrer Person gegenüber. Sie wollen ja wahrscheinlich auch selbst als die Person ernst- und angenommen werden, die Sie sind, oder?
- Wenn Sie mal einen „Fehler“ machen – und das passiert jedem von uns –, akzeptieren Sie, dass Ihr Partner/Ihre Partnerin wahrscheinlich noch sehr lange darüber nachdenken wird und vielleicht sogar eine Weile nachtragend ist (Versöhnung und Verzeihen sind nicht gerade die Stärke wachsamer Menschen). Sie können hieran nichts ändern. Es liegt in seiner/ihrer Persönlichkeit begründet. Was Sie aber tun können, ist, sich nicht selbst für ewig den Schuh anzuziehen. Verzeihen Sie sich selbst; Ihr Partner/Ihre Partnerin wird es irgendwann auch tun.
- Meiden Sie direkte Vorwürfe oder Kritik. Setzen Sie bei Streitigkeiten und Differenzen lieber darauf, Ihrem wachsamen Partner Ihre eigenen Gefühle und Bedürfnisse mitzuteilen (die altbekannten „Ich-Botschaften“) statt ihn/sie mit „Du-Botschaften“ zur Weißglut zu bringen. Wachsame Menschen können sich hierauf meist besser einlassen.
- Wachsamkeit und eine „Beobachterposition“ gehen meist mit einer gewissen Zurückhaltung einher. Wachsame Partner wirken trotz ihres starken eigenen Willens manchmal etwas zögerlich und vor allem distanziert, das gilt auch innerhalb von Partnerschaften. Missinterpretierten Sie diese Zurückhaltung und Zögerlichkeit nicht als Desinteresse. Um das Herz eines wachsamen Menschen zu „fassen“ zu bekommen, sind Geduld und Beharrlichkeit notwendig (die sich dann aber auszahlen).