Manchmal halte ich seine Nähe einfach nicht aus

Wie sieht so ein Moment für mich aus? In erster Linie: Ruhe. Ich höre nur sehr selten Musik, schaue keine Serien oder Filme, selbst ein Buch kann mich manchmal schon überfordern. In „meinen“ Momenten brauche ich Ruhe. Am liebsten auch Ruhe im Kopf, aber das kann ich nicht immer steuern. Ich atme durch, mache einmal den herabschauenden Hund zum Abschalten und genieße, dass langsam die Spannung in mir abfällt.

Warum ist das so? Zurzeit stoße ich auf viele Berichte über hochsensible und empathische Menschen. Vieles davon trifft auf mich zu, vieles aber auch wieder nicht. Ich reagiere stark auf äußere Eindrücke wie Gerüche, Bewegung, Licht, Farben und Geräusche. Zu viel davon gibt mir einen Overload. Ob Leid, ob Glück – ich sauge alles auf.

Es sind aber nicht nur äußere Eindrücke, auch innere Stimmungen nehme ich sehr intensiv wahr. Wenn meine beste Freundin Liebeskummer hat, ist es, als würde mir das eigene Herz brechen. Ich kann keinen Abstand zwischen mein und ihr Leben bringen. Deshalb fühle ich, was sie fühlt. Und nehme ihren Schmerz auf mich.

Wie ein Schwamm sauge ich mich voll mit ihrem Leid. Und wenn sich dann noch mein Kollege über seine Mutter aufregt und meine Nachbarin über ihren toten Hund jammert, bin ich voll. Dann passt nichts mehr rein. Und das ganze nasse Leid in meinem Schwammherz läuft über die Augen wieder raus. Hinterher bin ich ein plattes, schlaffes, ausgemergeltes Häufchen Elend. Dabei ist mein Leben vollkommen in Ordnung.

Andersherum kann ich mich aber auch wunderbar über das Glück anderer freuen. Erzählt mir mein Bruder von seiner neuen Traumwohnung oder mein Freund von einem tollen Erfolg im Job, blühe ich innerlich auf, als wäre es mein Glück. Ich brauche quasi gar kein eigenes Leben, weil ich einfach das aller anderen um mich herum mitlebe.


Comments are closed.

Weitere interessante Beiträge