Männer vom Mars? Frauen von der Venus?

Wenn wir uns also auf die biologische Differenzierung nicht verlassen können, so benötigen wir dennoch für unser Begreifen der Welt kategorisierende und verallgemeinernde Beschreibungen und Vorstellungsbilder. Und dann kommen wir in den Bereich der sozialen Konstruktion und Stereotypisierung.

Im sozialwissenschaftlichen Kontext beruhen Stereotype auf der abgrenzenden, verallgemeinernden Kategorisierung von Personengruppen, aus denen sich Hinweise auf zu erwartenden Verhaltensweisen ableiten lassen. Darin liegt genau ihr Charme bzw. ihr Beitrag zur Erleichterung der alltäglichen Kommunikation. Nachteilig wird es dann, wenn die dadurch geschaffene Abgrenzung und vereinfachende Einordung mit negativen Bewertungen verknüpft werden und zur Verstärkung sozialer Ungleichheit, Abwehr, Diskriminierung und letztlich Bildung von Vorurteilen führen. Gerade dann, werden Interaktionen eher erschwert, als dass sie sie erleichtern.

Ist trotzdem was dran?

Natürlich mag statistisch etwas dran sein, dass Frauen sich mitteilen wollen und Männer eher nicht, aber es trifft immer nur auf einen Teil der Männer und einen Teil der Frauen zu. Wie alles andere ganz Typische eben auch. Gerade in unserer heutigen Zeit in der unsere verschiedenen Rollen als Frauen, Männer, Mütter, Väter oder Arbeitnehmer ineinanderfließen, sich überlagern oder starre Geschlechtergrenzen durch die Diversität von sexuellen Lebensformen oder Transsexualität aufgehoben werden, steigen die Anforderungen an uns, unsere weiblichen und männlichen Anteile unabhängig von unserem biologischem Geschlecht in Einklang zu bringen. Starres Rollendenken ist überholt, wird unbrauchbar.

Leben und leben lassen

Nun könnten Sie sagen, was schert mich eine Theorie, die fast so alt ist wie ich selbst. Ich fühle mich frei von derartigen Denkmustern. Aber nach John Gray kamen viele weitere, die auf das typische Geschlechterklischee pop-psychologisch und ratgebend aufsprangen und noch heute bestimmen diese überindividuellen Zuordnungsmuster unbewusst unser Denken und Handeln. Nicht zuletzt, wenn man sich die globalen sehr aktuellen politischen Tendenzen anschaut, sollten wir einmal mehr unsere Gedankenmuster hinterfragen, denn je dogmatischer und rassistischer die Meinungen, desto durchsetzter sind sie von stereotyp geprägten Feindbildern.

Was für die Unterhaltung gut funktioniert und legitim ist, sollten wir nicht für die Lösung der wirklich ernsten Probleme heranziehen. Denn dazu sagen Herr Gray und all die anderen nämlich nichts. Wie auch. Für komplexe Sachlagen braucht es eine detaillierte Wahrnehmung, tiefgründiges Nachdenken und schließlich ganz persönliche Antworten.

Also: Leben und leben lassen. In all unserer ganz individuellen Unterschiedlichkeit.

PS.: Besonders hübsch fand ich den Grayschen Ratschlag, ich solle doch im Garten arbeiten, wenn mein Mann sich mal wieder schweigend in seine Höhle zurückziehen muss. Ich nehme an, er meint zum Beeren sammeln. Willkommen Moderne!


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