Tag 02: Liebeskummer ist wie ein Drogenentzug
Der Psychologe Guy Winch hat 2017 einen ziemlich beeindruckenden TED-Talk gehalten. Darin erklärt er, warum Liebeskummer mit Drogenentzug gleichzusetzen ist. Drogen? Hä? Ja, genau.
Wenn ein Junkie seine Sucht bekämpfen will, macht er entweder einen kalten Entzug oder behilft sich mit einem Ersatzstoff. Das, was wir fühlen, wenn wir verlassen werden, knallt biochemisch ähnlich, als müssten wir plötzlich auf Heroin verzichten. Danke auch. Da hat man sich mühevoll das Rauchen abgewöhnt, achtet auf die richtige Balance zwischen Kohlehydraten und Wasweißich – und dann das.
Problematisch an diesem Zustand ist, dass wir uns auch eine Art Methadon suchen. Unsere Ersatzdroge sind die vielen tollen Erinnerungen, die wir mit dem Ex-Freund teilen. Deshalb fangen die meisten auch automatisch an, ihn online zu stalken. Ertappt? You are not alone. Manchmal fragt man sich, ob Social Media einzig und allein dafür erfunden wurde, dass gebrochene Herzen anonym checken können, was der Ex so macht. Unsere Eltern mussten noch mit dem Fahrrad am Haus des anderen vorbeifahren und schauen, ob Licht brennt. Sie riefen auf dem Festnetz an und legten schnell auf, wenn jemand dran ging und … Na, das war damals. Heute ist heute. Cyberstalking ist dein Ersatzfix, und das ist schlecht. Deshalb rät Winch, eine Liste anzulegen mit all den nervigen und unschönen Eigenschaften des Ex-Partners. Wenn man sich schon so unbedingt erinnern will, dann bitte erst mal an all die schlechten Sachen. Und das eine ganze Weile lang.
So, und jetzt bist du dran. Schreib rechts in die freien Zeilen alles Beschissene an diesem Typ auf. Alles. Von seinen miesen Netflix-Auswahl- Qualitäten bis zur ätzenden Schwiegermutter. Vergiss bitte nicht seine hohlen Freunde, die immer Witze gemacht haben, die schon in der 6. Klasse keiner lustig fand. Es war reine Höflichkeit, dass du darüber gelacht hast, gib’s zu. War er eigentlich aufrichtig? Und zuverlässig? Oder eher „jetztseihaltnichtsoschatz“? Zielstrebig? Chaotisch? Ein Blender?
Und dann fotografier die Liste mit deinem Handy ab. Jedes Mal, wenn du dir wieder einen Erinnerungsfix holen willst, schau auf die verdammte Liste. Dafür wurden Smartphones erfunden. Ganz bestimmt.
THE SHITLIST
Trage hier alles ein, was an ihm scheiße war. Alles.
Höflichkeit am Arsch!
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Liebeskummer bewältigen in 99 Tagen
Gebundene Ausgabe: 272 Seiten
Verlag: DuMont
Erscheinungstermin: 16.06.2020
ISBN-13: 978-3-8321-9982-1
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