Es hätte freilich auch den Abbruch des gemächlichen, sicheren, vertrauten Lebens bedeutet, welches ich damals führte. Allerdings war es kein Fluchtversuch vor meiner Beziehung. Ich wünschte mir das alles mit meiner Freundin zusammen. Allerdings konnte ich mir nicht recht vorstellen, dass sie von dieser Idee begeistert gewesen wäre. Sie wollte ihre Stadt nicht verlassen, sie liebte das Vertraute. Auch wenn wir in dieser Hinsicht anders tickten, konnte ich sie gut verstehen.
Wie sollte ich das alles meiner Freundin erklären? Meine unerfüllten Wünsche, meine Radikalität, meine Sehnsucht? Meine Bereitschaft, das liebgewonnene Vertraute aufzurühren (und damit vielleicht alles zu gefährden)?
Ich fing an, nach dem Zubettgehen noch eine Weile wach zu bleiben und meine Gedanken schweifen zu lassen, während sie bereits schlief und sich ihre Glieder entspannten. Manchmal sah ich sie an: Sie sah friedlich aus. Ich glaube, sie war glücklich. Darüber, dass wir uns hatten, dass wir uns liebten, dass unser Leben in geregelten, sicheren Bahnen verlief. Samt guten familiären und anderen sozialen Beziehungen. Es gab keine Geldsorgen oder anderes nennenswertes, äußeres Konfliktpotenzial. Stattdessen gab es wunderschöne klein-große Träume und Vorstellungen. Wie wohl unsere Kinder aussehen und wie sie sich entwickeln würden? Wie es wohl wäre, endlich fest und nicht nur „quasi“ zusammenzuwohnen?
Ich beschloss, abzuwarten. Irgendwann würde sich diese verdammte Sehnsucht, dieser bunte Sturm, doch bestimmt legen. Irgendwann wäre diese Gefühlsduselei samt ihren absonderlichen Fantasien endlich vorbei. Doch ich irrte mich; die Sehnsucht blieb. Ich musste mich endlich zeigen.