Hochsensibel: Angeboren oder erworben?

Menschen die unsicherer Bindungserfahrung ausgesetzt waren, entwickeln eine fehlende Dämpfung eines bestimmten Stressgens durch ein wichtiges Antistressgen. Diese Erfahrung teilen wir übrigens mit den Tieren. Tiere, die einen Zuwendungsmangel erlitten haben, reagieren auf die gleiche Weise wie wir Menschen. Damit wäre das Argument Elaine Arons widerlegt, dass das unbestreitbare Vorkommen von Hochsensibilität im Tierreich ein Beweis dafür sei, dass wir von einer genetischen Gegebenheit ausgehen müssen.

Nein, es sind früh erfahrene seelische Belastungen und Entbehrungen, die eine dauerhaft anhaltende höhere seelische Verletzbarkeit zur Folge haben, sodass im Vergleich mit denen, die in ein Vertrauen förderndes Umfeld hineingeboren wurden, unsicher Gebundene auch späteren Belastungen und Herausforderungen weniger gut gewachsen sind.

Dass ein Mangel an Zuwendung in der Kindheit bis ins Körperliche hinein und bis in spätere Jahre Folgen haben kann, ist schwer zu akzeptieren. Da mag es leichter sein, von einer angeborenen Wesensart auszugehen. Und doch müssen wir uns solchen gut erforschten Erkenntnissen stellen. Wir dürfen aber davon ausgehen, dass auch unsicher gebundene Menschen eine sichere Bindung lernen können. Die Dünnhäutigkeit jedoch bleibt.


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