Für mich war es eine Qual.
Erst bin ich mit dem Auto gefahren. Das ging gar nicht. Für mich war es jeden Tag purer Stress. Früher in Hamburg brauchte ich eine Viertelstunde bis zur Arbeit, jetzt fräste ich mich Tag für Tag mehr als eine Stunde hin und zurück durch den zähen Verkehr. Ich habe es dann mit der Bahn versucht, aber das ist nichts für mich. Zu den Stoßzeiten steht man dicht an dicht. Nichts mit gemütlich sitzen und die Zeitung lesen und dabei einen Kaffee trinken. Außerdem hat die Bahn ständig Verspätung oder ein Zug fällt aus. Diese Umstände machten mich derart wütend, es rumorte in mir. Ich hatte nur noch schlechte Laune.“
Alina merkt, wie Robins Unzufriedenheit mit der neuen Wohnsituation wächst. Das macht ihr große Sorgen.
„Ich wollte, dass das, was für mich das Paradies ist, nämlich dieses Haus auf dem Land, unbedingt halten und habe deshalb angefangen, nicht mehr zu sagen, was mich stört, was mir fehlt“, gesteht Alina. „Das ist eigentlich gar nicht mein Ding. Ich bringe normalerweise sofort auf den Tisch, wenn mir etwas nicht behagt. So kennt mich Robin, dass ich Tacheles rede. Stattdessen schwieg ich.
Ich hatte einfach Angst um den häuslichen Frieden, im wahrsten Sinne des Wortes.
Wenn Robin dann wieder mal den Rasen nicht gemäht hat, habe ich es getan. Ich habe nichts mehr eingefordert von ihm. Mir tat Robin leid. Ich hatte nicht so viel Stress wie er. Ich bin Grundschul-Lehrerin. Ich hatte die Gelegenheit, im nächstgrößeren Nachbardorf eine Stelle zu kriegen. Während Robin an einem warmen Sommerabend noch durch den Elbtunnel zuckelte, saß ich schon mit einer Weinschorle im Garten und ließ es mir gutgehen.“
Robin: „Mein Leben bestand nur noch aus Arbeit und Autofahren. Ich bekam natürlich mit, dass Alina mich schonen will und mich nicht mehr mit Gartenarbeit behelligt, aber ich spürte, dass sie nicht wirklich damit klarkam, dass ich sie nicht unterstütze. Ich konnte nicht. Ich hatte keinen Bock und ich hatte keine Kraft.
Ich fing an, dieses Haus zu hassen.
Abends nach der Arbeit in Hamburg ein Bier mit meinen Freunden trinken, keine Chance. Wenn ich fahre, trinke ich nichts. Ich zahlte einen hohen seelischen Preis für das Haus. Meine Freunde wohnen alle in Hamburg. Vor dem Umzug hieß es, Hey, wir kommen Euch regelmäßig besuchen, und dann grillen wir bei Euch im Garten. Erst kamen sie ein paar Mal, später blieben sie weg. Macht eben keinen Spaß, nur alkoholfreies Bier zu trinken. Das verstehe ich. Wir haben ein Gästezimmer, aber das ist den meisten zu umständlich, über Nacht zu bleiben. Also hockten wir meistens allein im Garten, Alina und ich. Wobei sie in dem Dorf noch einige Freundinnen von früher hat, sie war also mit Kontakten versorgt. Mit dem Menschen im Dorf konnte ich nichts anfangen, die hatten andere Themen als ich. Ich habe es versucht, ich habe mit in dieser Gesellschaft gelangweilt.“
Irgendwann eskaliert die Lage zwischen Robin und Alina, das ständige Schweigen entlädt sich in einem Riesenkrach. Aus Alina bricht heraus, was sie für sich behalten hat: Ihre grenzenlose Enttäuschung darüber, dass Robin ihren gemeinsamen Traum offenbar für gescheitert hält. Robin hält sich nicht zurück. Er gibt zu, dass er sich tatsächlich selbst getäuscht hat. Dass dieser Traum vom Haus im Dorf in Wahrheit nicht sein Traum gewesen sei, sondern der von Alina. Dass er es nicht mehr aushält, dass er in die Stadt zurückziehen will. Ob Alina sich das vorstellen könne. Während dieses Gesprächs kommen sich die beiden endlich wieder nahe. Sie sind fassungslos über ihr Unglück.