Wie kann ich Ängste und Unsicherheiten in einer Beziehung überwinden?
Das Fundament ist immer der Selbstwert. Je höher dieser ist, umso weniger bedroht fühlt man sich. Schon Fritz Riemann in den „Grundformen der Angst“ stellte klar, dass alle Ängste Schutzfunktionen darstellen, die sowohl zu Stärken als auch zu Schwächen führen können. Es ist eine Frage der Ausprägung. Je mehr Sicherheit die Beziehung und der Partner geben können, umso weniger ängstlich sind die Partner.
Beispiel: die Angst davor, nicht mehr attraktiv zu sein, weil man weniger Sex hat als zu Beginn der Beziehung. Weniger Sex ist normal, das tritt bei fast allen Paaren auf: nach sechs bis zwölf Monaten, wenn die erste Verliebtheitsphase nachlässt, weil der Körper die für die euphorischen Gefühle zuständigen Hormone weniger produziert bzw. andere ins Rennen schickt, die weniger für Leidenschaft als für Geborgenheit zuständig sind. Eine gegen unsere Biologie als Ideal gesetzte Erwartungshaltung sucht natürlich Erklärungen zunächst bei sich – und stärkt somit Zweifel und Ängste. Mehr Wissen und etwas weniger Überromantisierung würden hier schon helfen und den Druck mindern.
Die Arbeit am Selbstwertgefühl beginnt zunächst bei jedem Partner selbst. Denn je niedriger er ist, umso mehr Schutzstrategien werden entwickelt, um nicht erneut verletzt zu werden. Dies kann eine andauernde Selbstoptimierung sein – aber ebenso Eifersucht, weil man sich bedroht fühlt, sobald die Attraktivität des Partners von anderen gewürdigt wird. Wer wenig Energie aufbringen kann, lässt sich vielleicht gehen und sieht dann in der Ablehnung die Bestätigung der Annahme: „Ich bin nicht attraktiv genug.“
Natürlich können sich Partner hier gegenseitig unterstützen – aber diejenigen, die dies können, sind nach meiner Erfahrung so reflektiert, dass sie diese Schutzstrategien nicht in extremer Ausprägung ausleben und daher auch nicht so gefährdet sind. Wenn bei einem Paar ein Partner unter starken Selbstzweifeln leidet, dann kann sogar ein Kompliment des Partners dazu führen, dass dieser nicht ernst genommen wird. Denn wer sich selbst nicht leiden mag, der kann niemandem vertrauen, der das offensichtlich nicht bemerkt. Hier sind oft zunächst therapeutische Ansätze für einen Partner und dann erst für das Paar erfolgversprechend.