Gibt es Menschen, die für die Liebe nicht geschaffen sind?

Meiner Meinung nach haben wir zu viel Druck bei diesem Thema. Und der Satz des Richters „die Ehe ist gescheitert“ bringt es ziemlich gut auf den Punkt. „Gescheitert“ und „Beziehungen“ in einen Topf zu werfen, ist für mich das totale Unding. Aber leider glauben das viele Deutsche. Eine Ehe ist nach zehn Jahren doch nicht gescheitert. Sie ist zu Ende. Nur weil es am Schluss nicht mehr funktioniert hat, heißt es doch nicht, dass alles davor falsch war. Dass der Weg mit den ganzen Erfahrungen, die wir bis zu diesem Punkt gemacht haben, für die Mülltonne sind. So ein riesen Quatsch. Das sind doch keine Businessziele, bei denen man hoffnungslos „underperformt“ hat.

Als ich vergangenes Jahr an der Côte d’Azur in Frankreich Urlaub gemacht habe und aus Kostengründen ein kleines Zimmer bei einer französischen Großfamilie hatte, habe ich gemerkt, wie anders die Franzosen darüber denken. Von den sechs erwachsenen Kindern lebten vier in Patchwork-Konstellationen. Gut, vielleicht war mein Französisch auch zu schlecht, um es richtig zu verstehen, aber keiner hat davon gesprochen, wer warum und wie Schuld daran hat. Sie haben es gar nicht infrage gestellt, dass Partnerschaften und Ehen auch irgendwann zu Ende sein können.

Wer eine Beziehung verlässt oder verlassen wird, nimmt ganz viel mit. Und hat oft sogar mehr Beziehungsfähigkeit als vorher. Denn die Extremsituation kann uns klar machen, was wir eigentlich wollen und wie wir lieben möchten. Und meine Studienfreundin möchte doch bestimmt keine Frau sein, die ihren Mann „im Griff“ hat. Sie möchte jemand sein, der liebt. Denn das kann sie – wie alle anderen auch.


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