Feldpost von der Beziehungsfront: So schläft die Liebe nicht ein

Es ist gut. Aber es soll besser werden.

Die Liebe ist ein Pflänzchen, heißt es. Muss gegossen, beschnitten, gewässert, gedüngt werden, damit sie wachsen kann. Aber wie soll man es anstellen? Wenn ich das Thema anschneide, fühle ich kein Interesse, eher Genervtheit. Gewiss, er hat viel zu tun. Ich auch. Er weiß nicht, worauf ich hinaus will. Er ist zufrieden, so scheint es. Aber kann das sein? Was könnte ich tun, damit wieder ein bisschen Würze ins gemeinsame Dasein kommt? Wenn alles so bleibt, wird das Pflänzchen – und das fürchte ich wirklich – allmählich eingehen.

Amelie hilft

Und nun hat mir meine Freundin Amelie, mit der ich neulich darüber gesprochen habe, ein Abonnement geschenkt. Es besteht aus einem Brief, der zu Monatsanfang in meinem Postkasten liegt. Darin wird ein Gedanke aufgegriffen, den ich auch schon gehabt, aber nie länger untersucht habe. Wie wichtig ist das, was wir essen, für uns? Gibt es so etwas wie eine Seelenspeisekarte? Welches ist das Lieblingsgericht meines Partners und was ist meines? Kennt er es? Koche ich es für ihn, wenn er down und out ist? Und serviert er es mir, wenn ich Zuspruch brauche? Tatsächlich – man kann durch dieses Wissen Liebe zeigen, auch ohne große Worte.

Kleine Gesten der Liebe

Dieser Brief war eine echte Überraschung für mich. Natürlich umarme ich meinen Mann, wenn wir uns verabschieden, selbstverständlich nehme ich seine Hand, wenn wir zusammen spazieren gehen. Aber dass ich bewusst und täglich ständig daran denke, dem Partner zu zeigen, dass ich ihn unter all den anderen gezielt erwählt habe und dass diese Wahl mich immer noch überzeugt – daran habe ich noch nie gedacht. In dem monatlichen Brief liegt auch ein Arbeitsblatt, auf dem die vielen kleinen Gesten der Liebe aufgezählt sind: über die Haare streichen, einen Drink bringen, ein Kompliment machen, eine gemeinsame Erinnerung triggern… Man kann sich aussuchen, was zu einem passt, wenn man will.

Ich will. Aber ich will es auch von ihm.

Es ist so schwer, solche Gesten der Liebe einzufordern. Spätestens, wenn auf die Frage Liebst du mich? ein gequältes natürlich ertönt, macht sich Ratlosigkeit breit. Wie kann man, ohne den eigenen Stolz zu verletzen, den Partner zu etwas mehr Romantik bewegen?

Auch hier hilft mir Amelies Brief. Ich lese ihn, mache ein oder zwei Bemerkungen dazu und dann reiche ich ihn an meinen Mann weiter. Ich beobachte seine Verwunderung. Die Post, die nicht ich, sondern jemand anderes geschrieben hat, enthebt uns beide der Peinlichkeit, die sich bei solchen Dingen leicht einstellt. Er weiß nun zumindest, was möglich ist. Und ich kann darüber sprechen…vielleicht nicht gleich, aber irgendwann einmal.

Und was noch?

Ein Jahr hat zwölf Monate. Jeden Monat eine andere Anregung. Manche passen nicht, manche passen nur zu gut. Jedes Paar ist anders, jeder Partner hat andere Stärken und Defizite. Beziehungsgespräche gemeinsam anzuberaumen, einmal im Monat, ist sicher sinnvoll. Wenn man einen Text hat, der die Gesprächsbasis bildet, hat man schon einmal einen Einstieg. Sollten wir ein gemeinsames Projekt starten? Sollten wir einander unsere Hobbys und Interessen näher bringen? Wie genau? Und wie schaffen wir den Konflikt um die gemeinsamen Hausarbeitspflichten aus der Welt?

Über den Autorenexpress

Der Autorenexpress ist das erste Versandhaus für persönliche Post das es gibt – meines Wissens nach. Man kann da Briefe, Booklets und Postkarten bestellen, die anderen Menschen etwas Lichtes ins Leben bringen. Schon das Öffnen eines persönlichen Briefes, das Herumdrehen einer an mich adressierten Postkarte macht Spaß – eine kleine süße Neugier breitet sich aus. Erwartung. Das hat Amelie erkannt und mir deshalb zur Hochzeit nur einen Gutschein geschenkt. Und die Feldpost von der Beziehungsfront endet erst nach einem Jahr Ehe.

Danke, Amelie!


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