Kindliche Bedürfnisse
Es gibt einige wichtige Bedürfnisse, die Kinder in Beziehungen mit ihren Bezugspersonen haben. Je stärker diese verletzt werden, umso stärker können sich daraus bestimmte Rollen entwickeln.
- Sicherheit und Bindung: Am meisten benötigen Menschen das Gefühl, dass andere zuverlässig für sie da sind und sie beständig gerne haben. Dadurch lernst du zu fühlen, dass du zu anderen gehörst und dich ganz grundsätzlich auf sie verlassen kannst.
- Selbstachtung und Wertschätzung durch andere: Du musst lernen, dass andere dich ernst nehmen und wichtig finden, um zu lernen, deine eigenen Bedürfnisse ernst und wichtig zu nehmen.
- Autonomie: Passend zum Alter eines Kindes ist es wichtig, dass seine Selbstständigkeit gefördert wird – dadurch lernt es zu spüren, dass es mit den Herausforderungen des Lebens zurechtkommen kann.
- Freiheit, eigene Bedürfnisse und Gefühle zu erleben und mitzuteilen: Der Ausdruck der eigenen Gefühle darf nicht bestraft werden – sonst lernst du, dass deine Gefühle und Bedürfnisse grundsätzlich nicht in Ordnung sind. Dann kannst du dich nicht mehr entspannt mit ihnen auseinandersetzen.
- Spontaneität und Spiel: Freude, Lust und Spaß sind das Salz in der Suppe des Lebens. Kinder brauchen eine freudige, lustvolle Umgebung, um gedeihen zu können.
- Angemessene Grenzen: Es ist auch wichtig zu erfahren, dass du im Leben nicht alles bekommen kannst, was du möchtest. Nur dann kannst du ein gutes Miteinander mit anderen finden, in dem bei unterschiedlichen Wünschen und Bedürfnissen auch gute Kompromisse gefunden werden.
Gefühle wie Wut, Trauer, Angst, die bei der Nichterfüllung der oben genannten Bedürfnisse auftreten, sind manchmal schwer auszuhalten. Deshalb entwickeln wir bestimmte Rollen, um uns zu schützen. Daher treten in emotional aufgeladenen Situationen die sogenannten Helfer-Rollen auf. Sie haben die Funktion, uns vor schwierigen und hilflosen Gefühlen zu schützen und uns »aus der Situation zu retten«. Unser Beziehungsverhalten – und zwar unabhängig davon, wie wir uns geschlechtlich orientieren – wird von der jeweiligen Rolle geprägt, die wir über die Jahre perfektioniert haben – wenn wir zum Beispiel bestimmte Gefühle oder Situationen vermeiden oder aggressiv in die Offensive gehen.
Um diese Rollen geht es in den ersten Kapiteln. Ellie, Leonore und Sarah repräsentieren die drei Optionen Dienen, Blenden oder Flüchten in Reinform. Tatsächlich begegnet man häufiger Mischformen, die in unterschiedlichen Beziehungen und Situationen unterschiedliche Rollen einnehmen: etwa im Job Blender und bei der Mutter eher Diener – und viele Varianten mehr. In der Schematherapie gehen wir davon aus, dass es diese Helfer-Rollen, die uns vor schwierigen Gefühlen beschützen, im Grunde in drei verschiedenen Varianten gibt. Bei verschiedenen Menschen können diese Varianten natürlich etwas unterschiedliche Gestalten annehmen, aber im Prinzip sind sie sich doch immer wieder sehr ähnlich.
Unterwerfung
Diesen Bewältigungsstil zeigt die Helfer-Rolle des Dieners. Damit ist gemeint, dass man sich vollständig an den (oftmals nur angenommenen, also vermeintlichen) Bedürfnissen anderer orientiert, um sich in einer Situation zurechtzufinden. Menschen mit diesem Bewältigungsstil kümmern sich entsprechend viel um ihr Liebesobjekt und können diesem dabei manchmal regelrecht auf die Nerven gehen. Fragt man sie aber nach ihren eigenen Bedürfnissen (oder fragen sie sich selbst danach), sind sie oft ratlos, da sie diese so weit wie möglich verdrängen.