Die männliche Angst vor der meckernden Frau

Die ständig kritisierende und anstrengende Freundin – Klischee und Schreckgespenst friedliebender Männer. Vielleicht liegt es aber auch an den Kerlen selbst?

Zu Beginn eine Statistik. Auf die Frage, was sie in einer Beziehung wünschen, antwortet die überwältigende Mehrheit der verheirateten Männer: „Sex und Ruhe“. Genügsam, würde Mann dazu sagen. „Ihr spinnt wohl?“, ihre Partnerinnen. Bei männlichen Singles sieht die Wunschliste übrigens freundlicher aus, da kommen Fürsorge, gemeinsame Unternehmungen, Geborgenheit, Familie und Teamwork dazu. Allerdings bleibt davon dann in der Ehe nicht viel übrig. Nur die Flucht vor der meckernden Frau. Liebe Männer, das kann es doch nicht sein! Oder?

Nicht repräsentativ und basierend auf den Klageliedern meiner Freunde kann ich jedoch die Sache mit dem Meckern bestätigen. Das ist wohl tatsächlich etwas, dass Männer richtig anstrengt. „Ihre Stimmlage verschiebt sich nach oben – und ich weiß, es ist Zeit für einen langen Spaziergang mit dem Hund. Jetzt!“, hörte ich kürzlich beispielsweise von einem sonst sehr ausgeglichenen und glücklichen Ehemann. „Alle Sätze, die mit ‚Hast du …‘ beginnen, treiben mich aus dem Haus“, sagte ein anderer. „Das betrifft die ‚Hast du was?‘-Endloswiederholungen ebenso wie die sanften Ermahnungen wie ‚Hast du schon …‘“ – „Dabei will ich nur einfach meine Ruhe, wenn ich nach Hause komme!“

Tanken Männer und Frauen unterschiedlich Energie?

Hier läuft ganz offensichtlich etwas schief. Nennen Sie mich naiv, aber in einer Beziehung sollten beide Partner gerne nach Hause kommen. Sie sollten sich aufeinander freuen und sie sollten sich gegenseitig dabei unterstützen, nach einem anstrengenden Tag Energie zu tanken. Ich fürchte jedoch, Männer und Frauen tanken wohl überwiegend unterschiedlich auf. Zwei grundsätzliche Methoden gibt es nach meiner Beobachtung. Variante eins ist hinsetzen, Ruhe genießen, durchs Internet surfen, nicht reden müssen – bis sich alle Funktionen für ein gesellschaftlich verträgliches Miteinander wieder eingependelt haben. Variante zwei ist genau gegensätzlich und bedeutet: Sprechen, miteinander kommunizieren, sich austauschen über den Tag, Gemeinsamkeiten herausfinden und sich bei Unterschieden ergänzen. Müssen Sie raten, wer in Beziehungen besonders häufig aufeinander trifft? Es gibt gewiss Männer, die ganz viel reden möchten am Abend, und Frauen, die sich lieber eine Piano Classic-Playliste auf die Umweltlärm-isolierenden Kopfhörer legen. In der statistischen Verteilung tippe ich jedoch aufs Klischee.

Ich glaube übrigens nicht, dass Frauen tatsächlich die ganze Zeit meckern: Es kommt nur den Männern so vor. Die wollen abschalten und in diese Ruhe dringt immer wieder ein Appell. Zunächst noch liebevoll: „Wie war dein Tag? Wie ist es dir ergangen?“ Wenn dann als Antwort nur ein knappes „Beschissen und beschissen“ kommt, ist der Ausgang des Gesprächs eigentlich vorbestimmt. Die Partnerin, die es nur gut gemeint hat, ist frustriert und zieht sich zurück. Um es in einigen Minuten nochmals zu probieren, schließlich will sie ja fürsorglich sein und ihn aufbauen. Dieser zweite Versuch erfüllt für ihn allerdings den Tatbestand der Ruhestörung. Egal was sie nun sagt, er hört nur nicht mehr zu und versteht: „Du glaubst, du hattest einen schweren Tag? Frag mich mal! Nimm dich zusammen. Außerdem müsste der Müll raus!“

Sie ruft dann zum Klagen und Mitleid einsammeln – nochmals Klischee – die beste Freundin #1, die beste Freundin #2 und in besonders schweren Fällen die Mutter an. Er bekommt das mit und denkt an eine meckernde Ziege.

Wie kommen Sie da raus?

Nur, indem Sie Ihre Bedürfnisse klar formulieren und aushandeln, wie Sie mit unterschiedlichen Wünschen umgehen. Ich wette, die meisten Paare wissen nicht einmal, wie viel Konfliktpotential in den unterschiedlichen Strategien zum simplen Auftanken am Abend nach einem schweren Tag liegen kann. Ich gehe nach dem Job beispielsweise erst einmal zum Sport oder jogge eine Runde. Wenn ich dann nach Hause komme, hatte ich genug Zeit für mich, sodass ich mich auf den Austausch mit meiner besseren Hälfte freue. Und so bekommen wir beide, was wir uns wünschen …


Weitere interessante Beiträge