Die hohe Kunst des Verzeihens

Schuld und Sühne. Die Zutaten, aus denen Schuldgefühle sind. Wer etwas Gutes für sich und sein Selbstbewusstsein tun möchte, lernt Verzeihen, meint Natalie Prinz

Der Gedanke „Wie konnte ich nur so dämlich sein?“ kommt im Laufe der Zeit nach einer gescheiterten Beziehung. Sich selbst so schlecht dastehen zu lassen macht es aber weder besser, noch leichter mit dem Geschehenen umzugehen, geschweige denn es zu verarbeiten. Ganz im Gegenteil. Die Frage ist mit so vielen negativen Emotionen besetzt, dass sie auf dem Weg zu einem besseren Verständnis für einen selbst und den Partner wie ein riesiger, unverrückbarer Felsbrocken im Weg liegt. Zu dumm, dass genau dahinter einer der Eckpfeiler einer gesunden, stabilen Beziehung liegt: Verzeihen können.

Wenn ich vor 10 Jahren gewusst hätte, was ich heute weiß, dann wäre in meiner damaligen Beziehung sicher einiges geschmeidiger gelaufen. Ich wäre weniger streng gewesen mit meinem Partner. Und mit mir selber. Aber ich war so gefangen in dem von mir selbst gemalten, sprich idealisierten, Bild dieser Beziehung, dass es mir unmöglich war bestimmte Verhaltensweisen zu akzeptieren oder nachsichtig zu sein.

Dabei machen wir doch alle Fehler.

Der erste Schritt dahin sich selbst und anderen verzeihen zu können ist der, sein Leben nicht mehr ständig zu vergleichen. Tun Sie nicht? Oh doch! Tun wir alle. Besonders fies ist: Wir merken es schon gar nicht mehr. Der Wettbewerb findet im Unterbewusstsein statt. Es ist, vereinfacht gesagt, wie der alltägliche Gang durch den Supermarkt. Wie oft kaufen Sie Dinge, an die Sie noch nie gedacht haben, bevor diese sehr geschickt von einer Heerschar an Marktstrategen in Ihr Blickfeld gerückt wurden? Und jetzt überlegen Sie mal, wie oft Sie schon im Kino oder vor dem Fernseher gesessen und eine männliche Filmfigur angeschmachtet haben. Gar nicht mal der großen Romanze wegen, sondern aufgrund von Kleinigkeiten. Was macht DAS wohl mit Ihrem Unterbewusstsein? Aber anders als so mancher Protagonist aus einem Film wird Ihr Partner ganz sicher nicht am Ende mit der Rose zwischen den Zähnen die Feuerleiter heraufkommen und Sie um Verzeihung bitten. Wenn doch: Seien Sie gnädig! Völlig egal, was er getan hat …


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