Erstes Indiz für Eifersucht: Fiese Unterstellungen
Was geschah, war, dass Astrid Jakob am Telefon berichtete, dass sie an einem Samstag, wo Jakob nicht zu ihr kommen konnte, er hatte berufliche Gründe, von ihrem Chef und seiner Frau zu einem Fest eingeladen worden war. Die Einladung galt ausdrücklich beiden: Astrid und Jakob. Jakob hatte schon einmal im Spaß zu Astrid gesagt, na, mein Schatz, ist Dein Chef vielleicht in Dich verliebt? Astrid und der Chef verstehen sich ausgezeichnet, aber er ist definitiv überhaupt nicht ihr Typ, das weiß Jakob ganz genau. Und der Chef ist zudem in festen Händen.
Als Astrid Jakob nun mitteilte, dass sie allein zu diesem Fest gehen würde, gehen müsste, weil Jakob keine Zeit hat und dass es ihr sehr leidtäte, ist Jakob plötzlich wie ausgewechselt gewesen. Ihm ist ein Faden gerissen, es brach aus ihm hervor, er war wütend. Er unterstellte Astrid, dass das Fest ausgerechnet an diesem Samstag stattfinden würde, wo er nicht dabei sein konnte, weil das der Chef strategisch punktgenau so arrangierte, denn er hatte in der Firma zufällig mitbekommen, dass Jakob an diesem Samstag eben nicht bei Astrid ist.
„Ich bin aus allen Wolken gefallen“, sagt Astrid. „Ich habe gezittert. Es war wie ein Schock. Ich habe Jakob versucht, zu erklären, wie grotesk seine Annahme ist, wie sie jeder Logik entbehrt.“
Das Gespenst vor der Angst vor Eifersucht nistet sich ein
Sie redet auf Jakob ein, er wisse doch, dass sie und der Chef ein rein berufliches Verhältnis hätten, dieses sei von Sympathie geprägt, ja, und das sei ja auch gut, wenn man sich mit seinem Vorgesetzten verstünde. Mehr wäre da aber nicht, niemals – und der Gedanke, der Chef hätte eine Party zeitlich derart perfide arrangiert, dass sie an einem Tag stattfindet, wenn Astrid ohne ihren Liebsten kommt, sei krankhaft. Krankhaft eifersüchtig. Verkehrte Welt. Damit war das Stichwort gefallen: Eifersucht. Und Jakob und Astrid stritten die ganze Nacht. Jakob verteidigte sich, er sei nur enttäuscht, dass sie als Paar bei diesem Anlass nicht zu zweit auftreten könnten, es hätte schon manches Mal gesellschaftliche Firmenanlässe gegeben, die stets dann waren, wenn er nicht konnte. Zufall oder Absicht, keine Ahnung.
„Ist das Dein Ernst?“ fragte Astrid entgeistert. „Du glaubst, Dir wird seit langer Zeit übel mitgespielt, Du darfst nicht auf Feste kommen, weil mein Chef mich auf jedem Fest in irgendeine verborgene Ecke zieht und wir dort übereinander herfallen?“
Jakob hatte keine Gelegenheit mehr, zu antworten. Astrid hatte nach dieser Frage aufgelegt.
Jakob merkte, dass er sich um Kopf und Kragen geredet hatte, er verstand auch, warum Astrid an die Decke gegangen war. Er hatte einen schlechten Tag im Büro gehabt, er war aufs Äußerste gereizt, er war zu weit gegangen. Jakob erkannte: Er hatte sich verhalten wie eine beleidigte Leberwurst, wie ein Idiot.
Er fuhr am nächsten Abend zu Astrid, er wollte sich entschuldigen, er wollte reden. Er war auch selbst hart mit sich ins Gericht gegangen: War er vielleicht doch eifersüchtig? Jakob konnte das nach gründlicher Selbstanalyse für sich entschieden verneinen. Es hatte andere Anlässe gegeben, wo er völlig ruhig geblieben war, Anlässe, die einen eifersüchtigen Mann durchaus um die Beherrschung gebracht hätten, aber eben nur, weil der Mann eifersüchtig ist, nicht, weil die Anlässe bedenklich waren.