Ich war beziehungsgestört – Ist das jetzt Liebe?

Aber vergessen Sie bitte das Heimatproblem nicht. Sie müssen sich erst in sich selbst zu Hause fühlen, bevor sie jemand anderem eine Heimat geben können. Ebenso brauchen sie das Heimatgefühl für sich selbst, um sich eben auch bei jemand anderem zu Hause fühlen zu können.

Ein Partner hat nicht die Funktion, uns das zu geben, was wir uns selbst nicht geben können. Er kann uns ebenfalls nur das geben, was er hat und wir können es auch nur dann annehmen, wenn wir uns selbiges auch für uns selbst tun – nämlich uns zu lieben.

Oft nämlich suchen wir bei anderen das, was uns oftmals im Inneren abhanden gekommen ist, manchmal haben wir eben dieses jedoch niemals kennengelernt. Aber was wir fürs Außen brauchen, können wir nur im Außen finden, wenn wir es im Inneren schon besitzen. Oft ist da aber meistens nicht viel. Deswegen scheitern unsere Beziehungen zu anderen dann auch. Und oft suchen wir dann auch noch die Schuld fürs Scheitern im Außen. Aber das Außen kann nichts dafür, dass in unserem Inneren Ebbe herrscht. Zu Deutsch: Unser Partner kann weder was dafür, dass wir uns selbst nicht lieben, noch dafür, dass wir nicht über unsere Bedürfnisse sprechen. Er kann nichts dafür, dass wir es nicht gelernt haben. Er hat nicht die Funktion, uns das alles beizubringen. Er kann uns auch nur das geben, was er gelernt hat. Und wir können ihm auch nur das geben, was wir kennen.

Und weil wir oft nicht gelernt haben, über uns zu sprechen, unsere Bedürfnisse kund zu tun, tun wir im Außen alles dafür, dass niemand in unser Innerstes vordringen kann. Niemand soll uns schwach sehen, auch nicht unser Partner und schon gar nicht unser Umfeld. Wenn wir schon selber nicht das Gefühl haben, uns in unserer Beziehung wohl zu fühlen, sollen die anderen das nicht auch noch erfahren.

Wir selbst verlieren immer mehr den Kontakt zu uns selbst und somit auch zu anderen, denn ein Dialog mit anderen klappt nur, wenn der Dialog mit dem Selbst klappt. Wie sollen wir anderen etwas zutrauen, was wir uns selbst nicht zutrauen? In unserer Lebenswirklichkeit ist das nicht möglich. Da kann von Außen kommen, wer will, wir sind einfach nicht davon zu überzeugen. In diesem Fall gewinnt der Spruch „Selbst ist der Mann“ oder „Selbst ist die Frau“ eine ganz neue Bedeutung. Mitgeteiltes Leid ist halbes Leid, dafür aber ist (mit)geteilte Freude doppelte Freude. Reden befreit, erweitert aber auch gleichzeitig den Horizont eines Anderen. Erst wenn das Reden miteinander klappt, kann auch der schweigsame Augenblick zu einem Hochgenuss werden.

Warum das alles so ist, möchte ich Ihnen gerne erläutern, vorher aber möchte ich nochmals auf meine Eltern zu sprechen kommen, die in dieser Hinsicht ein echtes Vorbild für mich waren. Deswegen hatte ich in meinen Beziehungen auch nicht die Probleme der anderen. Deswegen habe ich mich in meinem ersten Buch mehr und mehr auf Expertenmeinungen und Expertentexte gestützt. Mir fehlte in dieser Hinsicht einfach die Erfahrung. Keine meiner Beziehungen war wirklich toxisch. Ich war gut darin, Konflikte zu lösen, ich musste nicht laut werden oder mit emotionaler Erpressung meine Partnerin an mich binden und auch die Verlassenheitsgebärde kenne ich nicht.

Nichtsdestotrotz war ich beziehungsgestört. Das hatte aber weniger mit meinem Bild von einer Partnerschaft zu tun. Es lag an mir selbst und es lag an meinen Glaubenssätzen, denn die waren es, die mein Bild über mich und den Rest der Welt ausmachten. Ganz gleich, wie intellektuell ich versuchte mein Weltbild zu variieren, unbewusst tat ich dennoch das, wovon ich im Unterbewusstsein überzeugt war. „Ich bin einfach nicht gut genug und ich habe es einfach nicht verdient, glücklich zu sein.“ Also konnte ich es auch nicht genießen, wenn ich in einer Beziehung war. Ich habe mich selbst einfach nicht geliebt. Ich musste erst eine narzisstische Persönlichkeitsstörung entwickeln, eine Therapie machen und mein Buch schreiben, um herauszufinden, wer ich war und wer ich bin.


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