Gibt es ein Recht auf sexuelle Erfüllung?
Kai erklärt: „Ich sehe nicht ein, dass ich mich dafür an den Pranger stellen lassen muss, dass ich meine Frau begehre, ich will nicht als grober Macho angesehen werden, der seine arme Frau unter Druck setzt. Für mich ist das eine Tortur, wie ich leben muss. Jeden Abend, wenn sich Marlene im Schlafzimmer auszieht, bekomme ich Lust auf sie. Sie ist schön, sie ist verführerisch. Etliche Male hat sie mir einen Korb gegeben, zu müde, Kopfschmerzen, keine Lust, Ausreden oder die Wahrheit, egal, ich fühlte mich weder geliebt von Marlene noch begehrt, ich fühle mich wie ein Bittsteller. Das kränkt mich.
Es war doch alles perfekt am Anfang. Es gab einen schwachen Moment, da habe ich zu Marlene gesagt, dass sie eine Mogelpackung sei, dass ich sie geheiratet habe in der Gewissheit, dass wir immer ein erfülltes Sexleben haben werden. Stattdessen existiere ich wie ein Mönch. Ich muss um Sex bitten, den meine Frau mir ab und zu gewährt, wobei ich das Gefühl habe, dass es für sie Pflicht ist, dass es ihr keine Freude mehr macht. Marlene hat geweint, als ich ihr das mit der Mogelpackung sagte, sie konnte sich kaum noch beruhigen.
Auch ohne Sex: Die Liebe ist groß
Sie gestand mir, dass sie mit ihrer Gynäkologin und sogar mit einer Psychologin über das Thema gesprochen habe, sie hätte beteuert, dass sie mich liebt, dass sie mich auch noch begehrenswert findet, aber nur abstrakt, die Lust sei einfach weg. Die Ärztin und die Therapeutin meinten, wir sollten uns Zeit lassen, ich solle ihr Zeit lassen. Und ob es nicht doch Probleme mit mir gäbe. Marlene hat das von sich gewiesen, in der Tat, wir haben auch wirklich keine Probleme, wir sind ein Team. Wir halten zusammen wie Pech und Schwefel. Wir lachen viel, wir können gut zusammen reden, wir haben die gleichen Interessen, wir lieben unseren Sohn über alles. Das kam mir sofort in den Sinn, nachdem ich Marlene traurig gemacht hatte mit dieser blöden Bemerkung, dass sie eine Mogelpackung ist.
Wir haben uns umarmt, ich dachte, ich will Marlene nie mehr loslassen. Ich habe meine Worte bereut und mich mehrfach entschuldigt. Ich liebe Marlene sehr, ich würde sie nie verletzen, aber diese Sexlosigkeit macht etwas mit mir, ich erkenne mich manchmal nicht wieder. Ich gefalle mir nicht in der Rolle des ausfallenden Mannes, der seine Frau zum Weinen bringt, gar nicht. Im Gegenteil, ich schäme mich.“
Ein Klassiker: Tote Hose im Bett nach dem ersten Kind
Keine Lust mehr auf Sex von Seiten der Frau, nachdem ein Kind geboren wurde, das ist ein Klassiker in vielen Ehen. Es ist für Männer ein Grund für notorische Untreue, für heimliches Fremdgehen, ein Grund auch für viele Scheidungen. Da ist plötzlich eine andere Frau, die einem Mann das bietet, was er vermisst, er ist sicher, das ist jetzt die wahre Liebe, hier bekomme ich, was ich mir ersehne. Ich werfe meine Ehe hin. Dabei ist es häufig so, dass der Mann seine Ehefrau noch liebt, es nur nicht mehr ohne körperliche Nähe aushält.
Kai und Marlene wissen: Eine Trennung kommt nicht in Frage. In intensiven Gesprächen basteln die beiden an einem Konstrukt, wie Untreue für beide machbar und erträglich sein könnte. Das Paar erstellt eine Liste, sie wollen es schwarz auf weiß sehen, was sie wollen und nicht wollen, sie verhandeln die Punkte, sie werden sich einig.
Es kann losgehen. Kai meldet sich bei einem Seitensprungportal an, lässt in seinem Profil keinen Zweifel daran, dass er verheiratet ist und es bleiben möchte. Es dauert knapp 14 Tage, bis er Kontakt mit einer Frau hat, die ihm gefällt.