Zum Glück haben viele Frauen gute Erinnerungen an die Geburt. Aber es gibt auch Frauen, die die Geburt als sehr traumatisierend erleben. beziehungsweise-Autorin Christiane Lénard über einen Fall von Geburtstrauma
Die Geschichte von Lina: Eigentlich hätte alles so schön werden sollen. Sie hatten sich doch so gut vorbereitet. Die Geburt ihres ersten Kindes sollte etwas Großartiges und Magisches werden. Zusammen hatten sie sich Geburtskliniken angeschaut und die mit dem besten Ruf, dem besten Personalschlüssel und dem schönsten Kreißsaal ausgesucht. Sie hatten einen Geburtsvorbereitungskurs besucht und Marco hatte in seiner Firma durchsetzen können, die ersten 6 Wochen nach der Geburt bei seiner Frau und seiner Tochter sein zu können. Lina wünschte sich eine Geburt im Wasser.
Und dann kam alles ganz anders. 7 Tage nach errechnetem Geburtstermin wurde die Geburt medikamentös eingeleitet. Man sagte ihnen, es müsse sein, wenn sie die Gesundheit ihrer Tochter nicht aufs Spiel setzen wollten. Lina hatte schon gehört, dass dies den Geburtsprozess verlängern kann, aber so schlimm hatte es sie sich nicht vorgestellt. Die Wehen zogen sich über 15 Stunden, die ganze Nacht wanderte sie, sich immer wieder an den Wandstangen festhaltend, im Flur entlang. Immerhin war Marco immer an ihrer Seite.
Als sie es nicht mehr aushielt, kam die Anästhesistin, um ihr eine PDA zu legen. Sie hatte schon vor der Geburt so viel Angst vor dieser Nadel in ihrem Rücken und konnte sich trotz der sie zerreißenden Schmerzen nicht überwinden. Die Narkoseärztin fuhr sie an, sie solle sich zusammenreißen, schließlich würde sie sie von den Schmerzen befreien und andere hätten es ja auch überlebt. Aber es ging nicht. Dann eine weitere Stunde später ein neuer Versuch, mit einer anderen Ärztin und diesmal klappte es. Dann waren zwar die Schmerzen besser, aber die Wehen viel zu schwach, als dass sie das Kind hätte endlich gebären können. Geburtsstillstand.
Und plötzlich musste alles ganz schnell gehen, sie wurde in den OP geschoben, keiner sagte ihr, was geschehen war und wird. Lina wurde erst wieder wach, als man sie ins Zimmer schob. Aber wo waren ihr Mann und ihr Baby? Was war geschehen? Warum sagte ihr keiner etwas? Es war entsetzlich.
Was bei einer Geburt traumatisierend wirken kann
Mir selbst fällt es auch etwas schwer, von „schönen“ Geburten zu sprechen. Ich habe zwei Kinder geboren. Natürlich ist es schön, wenn Kind und Mutter wohlauf und gesund sind. Natürlich ist es schön, wenn Eltern die wunderbaren ersten Stunden und auch Monate nach der Geburt genießen können und eine enge Bindung entstehen kann. Aber wie kann etwas durchweg schön sein, was so schmerzhaft, so intensiv, so alles verändernd ist?