Ich nenne das die Bengel-Konstante: Immer wenn Mama aus dem Haus ist, verlangt es Bubi danach, kurz die Freiheit und Anarchie auszukosten. Diese Konstante beträgt bei erwachsenen Männern genau eine Stunde. Danach setzt die Verantwortungsübernahme ein. Ich kann nur jeder frisch gebackenen Mutter dringend empfehlen, wenn sie sich mal aus dem Haus traut, sollte sie mindestens eine Stunde wegbleiben. Eher länger, er braucht dann ja noch Zeit, das bis dahin ausgekostete Chaos wieder zu beseitigen (volle Windeln, rumstehendes Geschirr, auf dem Boden liegende Essensreste etc.). Niemals vorher wiederkommen. Und wenn Sie im Auto vor der Tür sitzen bleiben. Sonst haben Sie mehr Arbeit und ärgern sich zudem über Ihr zusätzliches Kind, den Ehemann.
Es findet zusammen, was zusammen passt
Es ist ein alter Hut, dass es in Konflikten immer zwei gibt, die mehr oder weniger gleich viel dazu beitragen, dass es zu diesem kommt. Auf der einen Seite gibt es denjenigen, der die Verantwortung leicht abgeben mag oder mehr Zeit braucht, um sie zu übernehmen (Bengel-Konstante) und auf der anderen Seite eine, die sich immer zuständig fühlt. Und je mehr die eine bereitwillig übernimmt, desto mehr zieht sich der andere aus der Verantwortung zurück. Und das geht nicht nur in den oben beschriebenen Frau-Mann-Verteilungen, sondern variiert von Thema zu Thema, Aufgabe zu Aufgabe.
Das Grundprinzip hat sich eigentlich geschichtlich als ganz nützlich erwiesen und nennt sich Arbeitsteilung. Das Problem entsteht nur, wenn diese nicht genau festgelegt und besprochen ist und wenn die Erwartung entsteht, dass es eigentlich beider Verantwortungen obliegt, ein Partner sich dieser aber (unerlaubt) entzieht. Darüber hinaus entsteht Stress auch dadurch, dass einer von beiden, die Verantwortung immer schneller als der andere übernimmt. Möglicherweise weil eine andere Bewertung darüber existiert, wann etwas zu stören beginnt, unangenehm oder ekelig wird. Es ist wie mit dem Pullover. Während er sagt, er ist zwar dreckig, kann man aber nochmal anziehen, treibt sie allein der Gedanke, ihn den ganzen Tag getragen zu haben, schon zur Waschmaschine.
Es gibt überdies die (und gerade bei Müttern zu beobachtende) Tendenz, dass man die mangelnde Verantwortungsübernahme des Gegenübers unbewusst fördert. Denn, was ist denn, wenn unsere Männer alles genauso gut können wie wir und am Ende von der Abwesenheit Mamas kaum Notiz genommen wird? Ist bei Ihnen natürlich nicht so, aber kann man ja mal drüber nachdenken. So ganz allgemein natürlich nur.
Und noch ein letzter Grund für die selektive Verweigerung: Das Wissen darum, dass die Partnerin ganz bestimmte Vorstellungen hat, wie etwas zu sein hat.
Mein Mann sagt bei dem „Kühlschrank-Nicht-Einräumen/Wäsche-Nicht-Einsortieren“ Thema immer „Ich will Dir Deine Ordnung ja nicht kaputt machen“. Heißen tut es, ich mag nachher nicht gesagt bekommen, dass irgendwas falsch liegt. Kann man nur ändern, wenn man von seinen festen Vorstellungen abgeht und dem anderen das Gefühl gibt, dass die Art, wie er etwas tut, mindestens genauso gut ist, wie die eigene. (Auch wenn es natürlich nicht so ist ;-))