Sie konnte ihm nicht verzeihen, dass er das Kind nicht wollte

„Wir hatten endlich wieder mehr Zeit für uns“

Wie war das damals, als Judith erfuhr, dass sie schwanger ist? Judith erzählt: „Wir waren gerade in einer richtig guten Phase, unsere Jungs waren 12, also aus dem Gröbsten raus, wir hatten uns eine Eigentumswohnung gekauft. Ich hatte wieder angefangen, ganztags als Lehrerin zu arbeiten. Jan ist Physiker, er arbeitet in der Forschung. Alles war gut, unsere Ehe war gut. Wir wollten immer zwei Kinder, wir hatten zwei Kinder, wir waren alle gesund, wir hatten Geld. Wir hatten endlich wieder mehr Zeit für uns, Jan und ich. Das war Jan wichtig, mir auch, diese Kleinkindjahre zehren doch an einem, zehren an der Beziehung, an der Erotik.

Jan und ich, wir haben es beide genossen, wenn die Kinder am Wochenende bei ihren Freunden geschlafen haben, und wir beide sind nach dem Frühstück wieder ins Bett gegangen. Ich war 42, ich hatte die Spirale. Jan sagte, er wolle sich sterilisieren lassen, dann könne das Ding raus, richtig wohl habe ich mich nie damit gefühlt. Aber wie es oft so ist, Jan hat das immer wieder verschoben mit der Sterilisation. Ich habe mir die Spirale entfernen lassen, wir haben „übergangsweise“ mit Präservativen verhütet und einmal nicht, ein einziges Mal, das zu einem Zeitpunkt, wo es eigentlich unmöglich war, dass ich fruchtbar bin. Ich war doch auch wirklich nicht mehr in einem Alter, wo es wahrscheinlich ist, gleich schwanger zu werden. Und es ist passiert.

Als meine Tage ausblieben, war meine erste Reaktion Panik, aber gleich danach, fühlte ich eine unbändige Freude. Es sollte so sein! Später habe ich mir über diesen Moment viele Gedanken gemacht, und ich glaube, die Panik war Jan geschuldet. Mir war klar, dass er sich nicht freuen würde. Und genauso war es, er war erschrocken, als ich es ihm sagte, ihm sind die Gesichtszüge entglitten, er fragte mich sofort wie aus der Pistole geschossen, aber du lässt es wegmachen? Oh, dieses Wort „wegmachen“, das höre ich heute noch.“ Judith schlägt die Hände vors Gesicht.


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