Ich habe mich richtig erschrocken, als ich die Mutter gesehen habe, ich dachte erst, es ist ein Einbrecher in der Wohnung. Ich habe nämlich überhaupt nicht gewusst, dass sie einen Schlüssel zu unserer Wohnung besitzt. Das habe ich als Vertrauensbruch empfunden, dass Tom mir das nicht gesagt hat. Er hätte es mit mir abstimmen müssen. Ich habe ein von Respekt und grenzenloser Zuneigung getragenes Verhältnis zu meinen Eltern. Ich würde alles für sie tun, doch ich würde nie auf die Idee kommen, ihnen einen Schlüssel zu geben, ohne Tom vorher zu informieren.
Seiner Mutter gegenüber habe ich mir nichts anmerken lassen. Ich habe mich bei ihr bedankt für ihren Einsatz, ihr einen Kaffee angeboten und dann ist sie gegangen. Ich spürte, dass das für sie selbstverständlich ist, dass sie sich in unserer Küche aufhält als wäre es ihre. Das fand ich gruselig. Als Tom nach Hause kam, habe ich ihn dann sogleich damit konfrontiert, wie wütend ich bin, dass er einfach über meinen Kopf hinweg einen Schlüssel an seine Mutter gibt und sie dazu noch dazu ermuntert, sich bei uns im Haushalt zu betätigen.“
Tom fällt aus allen Wolken
Er kann nichts damit anfangen, dass Katharina derart aufgebracht ist. Sie wüsste doch, dass er und seine Mutter sich nahestehen, der Vater ist gestorben, als Tom gerade sein Abi gemacht hat. Die Eltern haben sich sehr geliebt, und Toms Mutter wollte nach dem Tod ihres Mannes keine neue Beziehung mehr. Das wisse Katharina doch, und sie wisse auch, dass die Mutter überaus selbstständig sei. Sie arbeitet als Lehrerin, sie hat einen großen Freundeskreis, sie reist gern. Die Mutter sei in keiner Weise auf ihn fixiert und er nicht auf sie. Sie wollte einfach helfen. Katharina kann das so nicht akzeptieren, dass ihr die Hilfe quasi aufgedrückt worden ist, und am meisten entsetzt es sie, dass Tom seiner Mutter den Schlüssel einfach kommentarlos in die Hände gedrückt hat. Darüber kommt Katharina nicht hinweg.
In den folgenden Tagen beruhigt sich die Lage zwischen Tom und Katharina wieder, aber sie sieht die Welt jetzt mit anderen Augen. Sie sieht Tom jetzt mit anderen Augen. Ihr fällt auf, wie oft er über seine Mutter spricht, wie stark er ihre Werte übernommen, ihre Vorstellungen vom Leben in sein Leben integriert hat.
Spielt die Mutter eine zu dominante Rolle in Toms Leben?
Katharina sagt: „Das Fatale ist, dass Tom von Anfang an oft von seiner Mutter gesprochen hat, dass sie ihm viel bedeutet, das ist mir bekannt. Und er hat stets auf eine sehr wertschätzende Weise von ihr gesprochen. Mir hat das gefallen, es hat mich beeindruckt. Ich dachte, dass Tom ein Mann ist, der Frauen ehrt, dass er seine Mutter ehrt und diese Haltung generell auf seinen Umgang mit Frauen überträgt. Wir haben auch nicht ständig bei seiner Mutter auf dem Sofa gehockt oder sie bei uns. Es war alles unverdächtig. Tom hat mich ihr vorgestellt, wir waren manchmal mit ihr essen oder wir haben sie eingeladen oder sie uns. Es war in jeder Hinsicht entspannt. Erst jetzt, wo wir ein halbes Jahr unter einem Dach leben, nehme ich wahr, dass die Mutter eine Rolle in Toms Dasein spielt, die mir nicht behagt.
Wir haben jetzt zum Beispiel angefangen, unsere Hochzeit zu planen und da kam Toms Mutter wie Kai aus der Kiste und liegt uns ständig mit ihren Vorstellungen, wie die Hochzeit abzulaufen hat, in den Ohren. Tom ist begeistert von ihrem Engagement und erzählt mir ständig, dass seine Mutter einfach nur helfen wolle und wie dankbar wir sein können. Ich fühle mich wie in einem schlechten Film. Ja, ich bin immer noch gern mit Tom zusammen. Wir führen immer noch tolle Gespräche, wir haben immer noch tollen Sex, aber da liegt ein echter Schatten auf unsere Beziehung. Wenn wir uns streiten, dann über seine Mutter.