Manchmal wünschte ich, du wärst nie geboren worden

Unsere anonyme Autorin wurde das, was sie immer werden wollte: Mama. Doch die Realität sieht so viel anders aus, als sie es sich ausgemalt hatte. Ehrliche Zeilen über das Leben als Mutter

Neun Monate lang habe ich dem Tag entgegen gefiebert, an dem meine Kleine das Licht der Welt erblicken sollte. Ich streichelte meinen wachsenden, stattlichen Bauch, fühlte mich schon vor der Geburt mit ihr so eng verbunden wie mit niemandem sonst in meinem Leben. Und da war sie endlich: winzig, schrumpelig, weich, mit braunem Flaum und klitzekleinen Händen und Füßen. Ich war überglücklich. Und heillos überfordert.

Die ersten drei Monate waren die härteste Zeit meines Lebens. Um es deutlich zu sagen: Dammschnitt-Schmerzen und haufenweise Scheiße, kombiniert mit niemals mehr als zwei Stunden Schlaf am Stück. Es folgten tausende Momente, in denen ich hätte vor Glück und Liebe platzen können – und genauso viele, in denen ich vor Erschöpfung und Ratlosigkeit Rotz und Wasser heulte. Es gab etliche Situationen, in denen ich mich selbst nicht wiedererkannte: Ich kreiste einerseits um meine Tochter und jede kleinste Regung von ihr wie die allerschlimmste Helikopter-Mama, und verließ andererseits beim nächsten Schreianfall wütend den Raum, um sie nicht anzubrüllen oder zu packen. Was wäre wohl dabei herausgekommen, wenn ich ungewollt schwanger geworden wäre? Wenn ich mich nicht vorher, zumindest so gut es in der Theorie eben geht, auf mein Kind und uns als Eltern gefreut hätte? Ich mag mir das gar nicht ausmalen.

Nun, zwei Jahre später, blicke ich zurück auf mein Leben vor dir. Da war Selbstbestimmung. Selbstbewusstes Körpergefühl ohne Inkontinenz und Wabbelbauch. Eine Partnerschaft auf Augenhöhe voller Knistern und Verbundenheit statt zweier Menschen, die zufällig die gleiche Wohnung teilen und ein Kind zusammen haben, sich darüber hinaus aber nur noch gegenseitig organisieren statt sich wirklich und in Gänze zu sehen.

Die vergangenen 24 Monate, 2 Wochen und 3 Tage haben alles auf den Kopf gestellt. Ich bin seitdem umgeben von anderen Müttern, die sich mit mir darüber austauschen, welche Windel-Sorte die Saugstärkste ist und welches Kita-Konzept am ehesten dem Wohlbefinden des Kindes entspricht. Kaum eine spricht Tacheles und erzählt auch mal offen und ehrlich davon, dass sie sich eigentlich fragt, worauf sie sich da eingelassen hat. Wenn ich solche Gefühle durchblicken lasse unter meiner perfekten Fassade, blicke ich in irritierte Gesichter.


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