„Wie kommen die Babys in den Bauch?“
Es kommt eine Phase im Leben Ihres Kindes, in der es beginnt, Fragen zu stellen. Diese sind zunächst sehr einfach zu beantworten, bzw. das Kind begnügt sich eben damit, wenn die Antworten nicht zu komplex werden und Mama und Papa sind fein raus. Beispielsweise fragten mich auch meine Kinder, wie vermutlich fast alle Kinder irgendwann: „Mama, wie geht das mit dem Babymachen?“. Mit der Antwort „Wenn Papa und Mama sich sehr liebhaben“, waren sie lange Zeit sehr zufrieden. Nächste Frage bitte.
Irgendwann jedoch werden die Fragen komplexer und die Kleinen lassen nicht locker, bis sie eine zufriedenstellende Antwort bekommen. Als Eltern sollten wir darauf vorbereitet sein. Denn: Alle Fragen des Kindes sind erlaubt. Sie zeigen sein Interesse und sollten beantwortet werden. Dazu ist es gut zu wissen, was Kinder in welcher Lebensphase über ihren Körper, sich und ihre Umwelt lernen.
Psychosexuelle Entwicklung von Kindern
Die psychisch-emotionale Entwicklung eines Kindes ist eng verknüpft mit seiner körperlichen und der Entstehung des Sexualtriebes. Deshalb sprechen wir von der psychosexuellen Entwicklung, die aber, wie alles in diesem Entwicklungsprozess, sehr individuell und verschieden verlaufen kann. Ein Kind beginnt sich früher für seine Genitalien zu interessieren und daran herumzuspielen, ein anderes später. Manche Kinder wollen es schon im Alter von vier Jahren ganz genau wissen, wie es sich wirklich zuträgt mit dem „Babymachen“, andere interessieren sich überhaupt nicht dafür. Unsere Kinder entscheiden selbst, was und wann sie wissen wollen, wenn sie sich bereit dazu fühlen.
- 1. bis 3. Lebensjahr
Im ersten Lebensjahr brauchen Kinder die emotional-körperliche Zuwendung ihrer Bezugspersonen, um sich sicher und geborgen zu fühlen. Die Erfahrung von Urvertrauen ist Grundlage für eine gesunde seelische und auch körperliche Entwicklung. Das Kind erforscht seine Umwelt und seinen Körper mit allen Sinnen, vor allem aber mit dem Mund (orale Phase). Im zweiten und dritten Lebensjahr beginnen Kleinkinder ihren Körper bewusst zu erkunden. Sie berühren ihre Genitalien absichtlich und wenn sie dies als angenehm und lustvoll empfinden, stimulieren sie sich weiter. Sie beobachten ihre Eltern bei der Morgentoilette und lernen, dass es Unterschiede zwischen den Geschlechtern gibt. In dieser Phase werden sie sich darüber bewusst, ob sie ein Mädchen oder Junge sind, sie entwickeln eine eigene Geschlechtsidentität und eine Idee darüber, mit welchen Erwartungen diese Geschlechterrolle verbunden ist. Kindern wird es nun möglich, ihren Schließmuskel zu kontrollieren, sie entwickeln ein Bewusstsein für ihre Selbstwirksamkeit und erleben die Ausscheidungsprozesse als lustvoll (anale Phase). Außerdem entdecken sie nun ihren eigenen Willen und ihr erweiterter Wortschatz ermöglicht ihnen, ihre Bedürfnisse klarer zu äußern. Ein „Nein“ ist ein Ausdruck ihrer Willensbildung und sollte von den Bezugspersonen respektiert werden. „Erst wenn das Kind verstanden hat, dass sein „Nein“ geachtet wird, wird es ihm möglich, seine Grenzen auch zu verbalisieren.“ (6) Eine wichtige Lernerfahrung, um sich im Rahmen der eigenen Mittel vor sexuellen Übergriffen schützen zu können. - 4. bis 5. Lebensjahr
Rollenspiele beginnen das Spielverhalten zu dominieren. Was im dritten und vierten Lebensjahr mit Mutter-Vater-Kind-Spielen beginnt wird etwas später, im ca. fünften Lebensjahr, in Doktorspielen vertieft. Am liebsten tun Kinder dies mit ihren gleichaltrigen Freunden im Kindergarten. Dabei gehören die gegenseitigen Untersuchungen der Genitalien ebenso selbstverständlich dazu wie die der anderen Körperteile. Ebenfalls aus reiner Entdeckerfreude und Neugierde gehen sie gemeinsam auf die Toilette und vergleichen ihre Geschlechtsteile miteinander. Zwischen dem 4. und 5. Lebensjahr intensivieren sich häufig die Selbststimulationen noch einmal, um das eigene Wohlbefinden zu steigern oder sich zu entspannen. Ebenfalls in diese Lebensphase fällt das Verlieben in das gegengeschlechtliche Elternteil. Ihre Zuneigung drücken sie diesen oder auch anderen Kindern gegenüber z.B. dadurch aus, dass sie diese heiraten wollen. Zwischen dem 4. und dem 7. Lebensjahr entwickeln Kinder in der Regel ein natürliches Schamgefühl. Einige Kinder mögen aber auch schon mit drei Jahren nur von bestimmten Personen auf die Toilette begleitet werden. Den Doktorspielen wird sich mit zunehmendem Alter auch lieber ungestört an einem Rückzugsort ohne die Beobachtung von Erwachsenen hingegeben. Auch „Heiraten“ ist ein beliebtes Rollenspiel, in dem Rollen- und Beziehungsmuster aufgegriffen und spielerisch verinnerlicht werden. Trennungen oder Scheidungen werden nachgespielt oder erprobt im Sinne des „Du bist nicht mehr mein Freund“. Kinder lernen so „zentrale Lebensereignisse von Erwachsenen in ihr eigenes Lebenskonzept zu integrieren. Darüber hinaus wird die Emotionsregulation erlernt.“ (7) - Ab dem 6. Lebensjahr
Erst im 6. Lebensjahr konzentrieren sich Kinder auf ihre eigenen Geschlechtsgenossen und sind stark darauf bedacht, zur eigenen Geschlechtergruppe zu gehören und sich entsprechend konform zu verhalten. Dieses Verhalten dient der Identitätssicherung, sie wollen sich ihrer selbst als Mädchen oder Junge vergewissern. Das Schamgefühl ist im Vorschulalter deutlich ausgeprägt und oft wird es Kindern peinlich, sich (auch vor vertrauten) Erwachsenen auszuziehen. Insgesamt lässt die Unbefangenheit nach, Kinder haben gelernt, dass Sexualität ein „heikles“ Thema ist und auch mit Peinlichkeit und Schamgefühlen einhergeht. Bis zur Pubertät gewinnen zärtliche Gefühle und Beziehungsaspekte an Bedeutung. Komplexere Sozialbeziehungen sind sie nun in der Lage zu begreifen. So wird auch in den Grundschulplänen nicht nur das Thema behandelt, wie Leben entsteht, sondern auch die dahinterliegenden Paarbeziehungen thematisiert. In diesem Alter können Kinder verstehen, dass ein Kind eben nicht einfach dadurch entsteht, weil Mama und Papa sich liebhaben, dann sind sie bereit für genauere Erklärungen über den Geschlechtsverkehr.