Die regelmäßigen Zusammenkünfte der Erziehungsberechtigten in Schulen und Kindergärten müssen keine Zeitverschwendung sein. Mit unserem kleinen Leitfaden entdecken sie ganz neue Seiten an dieser Art der “Abendunterhaltung”
Es ist das kulturelle Highlight unseres Kindergarten- und nun seit kurzem auch Schuljahres. Der Elternabend. Ja, wirklich, mein Mann und ich, wir gehen gern zu diesen amüsanten, unsere eigenen Grenzen erweiternden und immer wieder sehr aufschlussreichen Abenden. Können Sie nicht nachvollziehen? Sie drücken sich lieber davor? Dann empfehle ich Ihnen, sich einfach mal von diesen eingefahrenen Gedanken zu lösen und etwas Neues auszuprobieren. Es ist nämlich so: Damit man die Elternabendsache voll auskosten kann, sollte man einige Dinge beachten.
Hier ein kleiner Leitfaden.
1. Unbedingt (eigenen) Partner mitnehmen
2. Erwartungen mäßigen, etwas über das eigene Kind oder etwas Wichtiges zu erfahren
3. Sich in Gelassenheit üben und öffnen für neue Erfahrungen
1. Unbedingt (eigenen) Partner mitnehmen
Sonst ist es nur halb so lustig. Die meisten Eltern machen genau an dieser Stelle den ersten Fehler. Im Grunde fängt es mit der falschen Haltung an. Schon wenn die schriftliche Ankündigung dieser elterlichen Zusammenkunft an die Kitaeingangstür gepinnt wird, von außen gut sichtbar und gern auch in bunten Farben die wichtigsten Punkte markiert (also so was wie „wir freuen uns sehr auf Sie“, „äußerst wichtige Dinge miteinander zu besprechen“ „es geht um IHR Kind“) sieht man die eiligen Elternaugen rollen und verdrehen, leises Stöhnen und Vernehmen von Sätzen wie „kann nicht sein, der war doch gerade erst“ oder etwas erleichterter „Aaaahhh, der 15., nee da kann ich gar nicht“. Man ahnt bereits, wie diese Information in der Familie weiterverarbeitet werden wird. Frau und Mann werden sich darüber informieren und dann steht bis zehn Minuten vor dem Ereignis diese unheilvolle Frage im Raum „Gehst Du hin, oder muss ich?“.
Statistisch ist es so, dass immer die Männer gewinnen, wenn es darum geht, diesem Event aus dem Wege zu gehen. Bei uns waren bei den letzten Elternabenden durchschnittlich 3 Väter und 17 Mütter anwesend. Ich habe mir sagen lassen, in der Schule werde das Geschlechterverhältnis etwas ausgewogener. Das kann ich leider bisher nicht bestätigen, mein Mann ist nach drei Schulelternabenden und zwei Schulaktivitäten (Basar und Co.) der bisher einzige geblieben, den ich als Vater identifizieren konnte.
Nun muss ich dazu sagen, es war auch bei meinem Mann harte Arbeit, das er mich begleitet. Aber es hat sich gelohnt. Überdies konnte ich die Beobachtung machen, dass die Väter, die kommen, über Jahre hinweg immer die gleichen sind. Mein Mann und die zwei anderen. Allerdings ohne Frau, schade für sie. In diesen beiden Fällen hat also er beim „wer geht hin, wer bleibt daheim“ verloren, es sind die statistischen Ausreißer. (Was man ihnen, unter uns gesagt, an anderer Stelle interessanterweise auch ansehen kann.)
Die Sache mit der Selbstpräsentation
Es ist so. Ein Elternabend stellt alle Eltern vor die Herausforderung, sich in angemessener Weise zu präsentieren, ohne dabei allzu sehr herauszustechen, so dass man z. B. riskiert, zum Elternsprecher gewählt zu werden. Dennoch will man sich natürlich so beliebt machen oder bleiben, dass die anderen Eltern sich vorstellen können, dass die Gesellschaft, der hoffentlich eben so sympathisch geratenden Kinder, bei einer eventuellen Verabredung der Kinder von irgendeinem Vorteil sein könnte. Der Vorteilsgedanke ist dabei vielgestaltig und reicht von „ich muss nicht aufräumen oder das Haus putzen, bevor die Fremdkinder abgeliefert werden, deren Eltern sind ganz locker drauf, die sehen das bestimmt nicht so eng“ bis hin zu den Gedanken, ob die anderen Eltern vielleicht sogar für etwaige Unterhaltungen außerhalb der gehetzten Hol-und Bringsituationen taugen. So etwas kann ja bereichernd sein. Also soziale Kontakte und so.
Neue Seelenverwandtschaften entdecken
Da nun jemand zuhause auf die Kinder aufpassen muss, ist die übliche, zugegeben auch praktische Aufteilung eben die, einer geht hin, der andere bleibt daheim. Es ist auch die kostengünstigere Alternative, gar keine Frage. Aber es geht ja nicht immer nur um Effizienz. Ich behaupte sogar, es lohnt sich gerade für diesen Abend eine Kinderbetreuung zu organisieren. Selbst wenn es nicht die Oma for free ist. Dringend raten würde ich Ihnen, wenn Sie nicht über einen geeigneten eignen Partner verfügen können, eine gleichwerte Begleitung mitzunehmen. Das ist im besten Falle die befreundete Kita-Mutter, mit der man auf einer Wellenlänge schwingt. Die kann dann ein ebenso guter Sparringspartner werden. Die „Begleitung“ kann aber auch erst im Laufe des Abends entstehen, nämlich genau dann, wenn Ihnen bei einer, der in diese elterliche Runde geworfenen Frage ernsthafte Zweifel kommen, alles richtig verstanden zu haben oder im gleichen Universum unterwegs zu sein, wie die Mutter, die gerade erklärt, warum es enorm wichtig sei, dass ab sofort alle Eltern und Erzieherinnen in der Gegenwart ihrer Tochter das Mobiltelefon auszuschalten haben, da das Handyklingeln (und natürlich auch Vibrieren!!!) ihr Kind völlig aus der Ruhe bringt. Am besten wäre es, rät die besagte Mutter, man würde das Telefon gar nicht mit in die Kita bringen, die Strahlung sei ohnehin für keinen gut. Wenn Sie dann, noch darüber grübelnd, ob sie weinen, laut loskreischen oder in schallendes Gelächter ausbrechen sollen, Ihren Blick schweifen lassen und in die Gesichter der mit in der Runde sitzenden anderen Eltern schauen, dann werden Sie Seelenverwandtschaften entdecken, glauben Sie mir. Da gegenüber sitzt sie nämlich, die Mutter, die ebenso nicht fassen kann, dass das alles gerade gesagt wurde und ihre Blicke werden sich kreuzen und Sie wissen: Es gibt sie noch, die Menschen, die so denken wie ich. Das ist eine tolle Erfahrung. Und sehr verbindend.
Eine Erfahrung, die zusammenschweißt
Und so ähnlich ist es mit Ihrem Partner. Da bringen Sie die innere Verbindung (hoffentlich) gleich mit und wissen, dass Ihre Einstellungen zu den Alltäglichkeiten des Lebens ähnliche sind. Wenn Sie dann, so gemütlich nebeneinandersitzend, den anderen Eltern gemeinsam zuhören und merken, wie beim Thema „Mischungsverhältnis Wasser zu Apfelsaft“, Ihr Partner Ihre Hand in die seine nimmt und fest drückt, dann können Sie sicher sein: Wir gegen den Rest der Welt. Herrlich ist das. Solche zusammenschweißenden gemeinsamen Erfahrungen sind sehr wichtig für die Beziehung und in dem Falle des Elternabends sehr einfach zu bekommen. Sie müssen einfach nur gemeinsam hingehen.
Danach können Sie sogar noch etwas zusammen essen gehen, Oma ist sowieso da bzw. Kindermädchen ist eh bezahlt. Und Sie ersparen sich (im Falle: er geht allein hin) die nervigen Fragen Ihrer Frau, die Sie ohnehin nicht im Detail zu beantworten in der Lage sind („Wer ist Elternvertreter geworden, wer hatte sich freiwillig gemeldet?“ „Und was genau hat die Mutter von Linus gesagt, als sie das mit der Handhabung der Freundebücher erwähnte und wie genau klang ihre Stimme dabei?“) oder die frustrierende Erfahrung (im Fall: sie geht allein hin), dass er Sie bei Ihrer Heimkehr mit keiner einzigen Frage an der Haustür erwartet und auch sonst keine weiteren Informationen wünscht.
Für all das ist es eben gut, wenn sie unbedingt mit jemand gemeinsam diesen Abend erleben.