Der andere Blickwinkel – Wie die Geburt eines Kindes die Sicht auf die eigene Vergangenheit und Zukunft verändert

Aber nicht nur der Wissenszuwachs ist Grund dieser anderen Ansichten sondern auch ein verändertes Rollenverständnis von Mann und Frau, Mutter und Vater. Heute wollen wir unseren Kindern vorleben, dass Frau und Mann die gleichen Aufgaben in Job, Haushalt und eben auch Erziehung der Kinder übernehmen können. Wir möchten, dass sich unsere Kinder an uns orientieren, weil wir für richtig und wichtig halten, dass Papa ganz genauso die Windeln wechseln und die Brotdosen füllen kann, wie es die Mama macht. Wir überlegen als Familie gemeinsam, ob beide Elternteile arbeiten und wie viel. Das Wichtige daran: Es geschieht eben anders als früher in einem diskursiven Prozess, nicht als starre Rollenmuster, die kein Infragestellen erlauben, selbst dann nicht, wenn man in dieser vorgegebenen Rolle unglücklich ist. Viel mehr als bei unseren Eltern geht es bei uns heutzutage darum, dass sich jeder wohlfühlen und verwirklichen darf. Diese Freiheiten hatten unsere Eltern oft nicht, deshalb können sie nicht alle unsere Vorstellungen vom Leben, Lieben und Erziehen teilen.

Wissen und Liebe

Ich erinnere mich an viele Gespräche mit meiner Mutter, nicht immer ganz konfliktfrei. Da können sich eine einfache Begrüßung („Warum versteckt sich die Dreijährige hinter Mamas Beinen und gibt Oma nicht die Hand?“) oder auch die Frage, wer wann wie das Kind zu Bett bringt und wie lange dabei sitzt, bis es einschläft („Wir haben dich früher um Punkt sieben Uhr zu Bett gebracht, eine Geschichte vorgelesen und dann das Licht ausgemacht.“) zu abendfüllenden Diskussionen ausweiten. Nicht immer gelingt es, dabei nicht auch etwas Schmerz und Unverständnis zu empfinden. Auf beiden Seiten. Da kann es um die Verteidigung der eigenen Methoden gehen oder um Zweifel, doch nicht alles richtig zu machen oder gemacht zu haben. Damit diese Auseinandersetzung ohne Verletzungen auskommt, sollten Sie mit sich und wenn möglich auch mit Ihren Eltern ins Gespräch kommen. Es geht darum, wohlwollend zu verstehen, dass wir alle, sowohl Sie als auch Ihre Eltern, nur das Beste für unsere Kindern wollen. Und dass diese Beziehung von Liebe getragen wird. Wenn wir davon ausgehen können, ist der Rest eigentlich nur Zeitzeugnis. Wir sind eben das, was wir wissen. Für mich war es eine sehr tröstende Entdeckung, als ich eines Tages im Bücherschrank meiner Eltern zwei Bücher über Kindesentwicklung und -erziehung fand. Beide Bücher aus den Jahren um meine Geburt. Das hat mir gezeigt, dass meine Eltern sich mit dem Thema auseinandergesetzt und mit bestem Wissen und Gewissen für mich gesorgt haben. Dass ich es heute anders mache, hat vor allem mit den heutigen Erkenntnissen zu tun. Über die Liebe sagt es nichts. Das gilt es zu unterscheiden.


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