Attachment Parenting: Wenn die Eltern-Kind-Bindung zum Erziehungsstil wird

1. Birth bonding: nach der Geburt sofortiger Körper- und Augenkontakt zwischen Mutter und Kind,

2. Breastfeeding: Stillen nach Bedarf für mehrere Jahre,

3. Babywearing: möglichst häufiges Tragen des Kindes am Körper, z.B. mit einem Tragetuch,

4. Bedding close to the baby: möglichst nahes Schlafen beim Kinde, z.B. im gemeinsamen Familienbett,

5. Belief in baby´s cries: Schreien des Kindes als Ausdruck eines Bedürfnisses ernstnehmen,

6. Beware of baby trainers: keine Schlaftrainingsprogramme,

7. Balance and boundaries: Beachten der Balance zwischen kindlichen und elterlichen Bedürfnissen.

Etwas weniger pragmatisch dafür wortgewaltiger hören sich die (hier) acht Ideale des AP von „Attachment Parenting International“ an.

Im Grunde (wieder einmal) ein klarer Ansatz mit guten Absichten

Dass (die frühe sichere) Bindung wichtig und für die physische und vor allem auch seelische Gesundheit von Kindern unerlässlich ist, darüber besteht nun meines Wissens schon seit vielen Jahren, auch aus wissenschaftlicher Sicht, keine Uneinigkeit mehr. Soweit so gut. Mein Mann und ich haben auch einige der oben beschriebenen sieben Punkte (in für uns passendem Ausmaß) mit unseren beiden Kindern so gelebt, ohne dass wir wussten, dass unsere (nicht als solche intendierte) Methode einen Namen hat.

Grundsätzlich lässt sich konstatieren, dass der Searsche Attachment Parenting Ansatz relativ konkret mit praktischen Verhaltensmaximen aufwartet und eine klar umrissene Programmatik aufweist. Daran kann man sich halten. Oder auch nicht. Es ist wie so oft, die Idee ist nicht das was krankt, sondern deren Auslegung, Verwässerung und Auswüchse, hervorgebracht durch der aus der Programmatik ihre Identität schöpfenden Anhänger der Idee. Wenn die Idee oder das Programm zur Ideologie wird und damit Lebensweisen und Anschauungen als „richtig“ und „falsch“ bewertet werden und Andersdenkende als „Feinde“ bekämpft werden, dann wird es problematisch. Aber genau das passiert leider auch im Falle dieser Strömung, da gibt es die glühenden Anhänger auf der einen Seite und die ebenso glühenden Kritiker auf der anderen, dazwischen leider wenig.

Du gehörst dazu oder bist auf dem falschen Weg

Als Soziologin finde ich die Diskussionen um die Kulturen der Elternschaft durchaus anregend und im gesellschaftlichen Kontext ausgesprochen relevant. Denn es geht schlicht um nichts anderes als um die Konstruktion von Gruppenidentitäten und, über diese vermittelt, die Bestätigung der eigenen Identität. Also geht es doch nicht nur um das Wohle des Kindes. Sondern auch um das eigene.


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