Endlich Feierabend
Eine Stunde später liege ich endlich auf der Couch. „Sollen wir gleich ins Bett?“, fragt mein Mann. „Ist schon spät“. Ich möchte weinen. Ich schaue zu ihm herüber, wie er auf seiner Seite der Couch liegt und gleichzeitig TV schaut, auf dem Handy spielt und Fußball auf dem Tablet verfolgt. Zwei Meter Distanz. Aber es könnten auch Kilometer zwischen uns liegen.
Nicht anfassen, bitte.
Später im Bett versucht er, mich von hinten zu umarmen. Ich rutsche weg. Ich will nicht berührt werden. Mein Körper schmerzt von Abstill-Zyklusschwankungen, erstaunlich festem Haare-Ziehen und 10-Kilo-Dauertragen. Ich kann jetzt keinen Körperkontakt ertragen.
Keine Kraft für Veränderungen
“Sparking Joy – Versprüht etwas keine Glücksgefühle mehr, kann es weg”, sagt Anna. Ich habe keine Kraft für Konflikte. Und Entrümpelungsveränderungen beginnen leider meist mit einem Konflikt. Ich müsste mit meinem Mann reden und ihm verständlich machen, was ich fühle. Er würde es nicht verstehen. Zack, Konflikt! Konflikte kosten Kraft, die ich nicht habe. Im Idealfall hätten wir den Konflikt dann gelöst, und dann müsste die Veränderung folgen. Kostet wieder Kraft. Habe ich nicht. Zack, Bum, Bang. Aus.
Mir kommt das Leben in die Quere
Ich weiß schon, dass Anna recht hat. Dass es besser wäre, etwas zu ändern. Für mich selbst, für unsere Beziehung und letztlich auch für unser Kind. Aber, wenn ich mich dann mal aufraffe und ernsthaft überlege, was sich denn ändern müsste, damit ich glücklicher wäre, quakt mir das Baby dazwischen. Oder kotzt mir der Hund vor die Füße. Oder kommt mir das Leben in die Quere. Ich finde keine Zeit (und zugegeben: auch keine Energie) zum Entrümpeln.
In einer idealen Welt
Okay, komm. Jetzt schreibe ich, also habe ich Zeit. Gehen wir es an. In einer idealen Welt, wie würde mein Leben aussehen? Mein Kind würde länger als eine Stunde bei der Tagesmutter bleiben und danach keinen Schreikrampf bekommen. Ich würde wieder arbeiten. Mehr schreiben. Mehr Ich sein.