Es war für mich klar, dass er es niemals merken durfte und ich mich schnell von dem Gedanken trennen musste. Ganz besonders aus dem Grund, weil das Training immer besser lief und uns bewusst wurde, dass wir Potenzial hatten. Trotzdem ließ mich das schlechte Gefühl nicht los, dass ich das Treffen abgesagt hatte. Ich weiß gar nicht mehr, wie ich es geschafft habe, doch er lud mich ein zweites Mal ein, mit der Bitte, dass ich dieses Mal wirklich erscheine.
Der Tag war gekommen, ich machte mich auf den Weg zu ihm. Er öffnete mir die Tür und sah unverschämt gut aus, trug ein Hemd und hatte eine perfekte Frisur. „Nur dein Tanzpartner”, predigte ich mir immer und immer wieder. Vor Aufregung konnte ich kaum essen. Danach schauten wir einen Film und er legte seinen Arm um mich. Alles klar, das ist ein Date. Ganz verzaubert von der Magie des Moments wurde der Tanzfokus-Gedanke im Kopf leiser. Ich habe mich schon so lange nicht mehr so wohl in einem Arm gefühlt. Irgendwann küsste er mich – und es war geschehen. Verliebt. Hab ich jetzt verloren? Kann ich trotzdem gewinnen? Zu viele Fragen in meinem Kopf.
Wie es das Schicksal wollte, verpasste ich den letzten Bus nach Hause. Ohne dass etwas passierte, schlief ich in seinen Armen ein. Am nächsten Morgen war er wieder da – der Tanz-Fokus. Ich verabschiedete mich schnell und fuhr nach Hause. Er schrieb mir eine Nachricht, wie schön er den Abend und die Nacht fand, doch ich antwortete nicht. Ich ignorierte ihn. Als es dann wieder Zeit wurde zu trainieren, musste ich mich zusammenreißen und ihm schreiben. Wir trafen uns zum Training und ich war so abweisend wie nie zuvor in meinem Leben. Kein Blick in die Augen, kein Lächeln, nichts. Eiskalt. Es war sehr schwer, doch ich hatte zu große Angst vor mehr.
Ich baute mir eine Art Schutzschild, um das Tanzen nicht zu gefährden. Doch damit ließ sich überhaupt nicht mehr tanzen. Es lag auf der Hand, dass es so auch nicht weitergehen konnte. Er sprach mich an, warum ich nun so anders war, so auf Abstand. Ich konnte nicht antworten, mein Kopf war leer. So schüchtern wie ein kleines Mädchen, hob ich meinen Blick und sah in seine Augen – verdammt, das Gefühl ist noch da und es wird immer stärker. Am liebsten hätte ich angefangen zu heulen, der innere Kampf machte mich fertig. Eine Beziehung mit dem Tanzpartner ist zu riskant. Trennen wir uns, dann verliere ich alles. Wie würde ich aus diesem Loch nur wieder rauskommen?