War ich für dich nur eine Probefahrt?

Nach einem Jahr Beziehung verließ er sie – völlig unerwartet. Unsere anonyme Autorin glaubte, diese schmerzliche Erfahrung längst überwunden zu haben. Doch dann weckte ein Song schmerzliche Erinnerungen in ihr

Eigentlich mag ich Rapper ja nicht. Trotzdem hatte sich neulich ein Song von Prinz Pi in meine Playlist gemogelt, in dem eine Zeile lautet: „Vielleicht war ich nur so was wie ´ne Probefahrt.“ Es traf mich mitten ins Herz. Ich hatte bis dahin geglaubt, dich überwunden zu haben, so wie die anderen Männer in meinem Leben. Die Männer vor dir, mit denen es nicht hatte sein sollen. Mensch, ich hatte dich doch schon aus meinem Leben geext, hatte deine Bilder gelöscht und deine paar Briefe, die du mir geschrieben hast, zerrissen. Hatte dich verflucht, dir fiese Viren gewünscht und mich dabei gut gefühlt. Ich hatte mich doch längst wieder aufgerichtet und irgendwann niemanden mehr neben mir vermisst, wenn ich am Wochenende abends mal alleine zuhause war. Du warst doch schon längst gegangen. Aber das, was von dir damals ging, das war eben nicht das, was Schmerzen zufügen kann. Deine Hülle war gegangen, aber meine Erinnerung an dich, die hatte sich halt nur unsichtbar gemacht. Nicht aufgelöst. Die Erinnerung war geblieben und hatte sich in einem schattigen Winkel versteckt. Sie hatte wohl nur auf ein paar kitschige Worte gewartet, um dann wieder aus ihrem Versteck hervorzukriechen. Jetzt war sie also wieder da und ich saß heulend auf meinem Sofa und vermisste dich wirklich noch immer.

Was ist das für eine Beziehung, fragte ich mich oft, die ein Jahr lang dauert und dann plötzlich endet, ohne Vorzeichen, fast von einem Tag auf den anderen? War das dann eine Beziehung? Ich glaube, du hast dir solche Fragen nie gestellt, sondern einfach immer nur von Tag zu Tag gelebt. Hast auf dein Smartphone geschaut und eine Nachricht von mir gesehen – also hast du geantwortet. Du hattest Lust, mich zu sehen – also hast du mir geschrieben. Du hattest gerade etwas anderes zu tun – also hast du mir abgesagt. Aber ganz so einfach war das bei uns dann eben doch nicht, denn das hätte ich sicherlich nicht lange mitgemacht. Nein, du warst charmant wie kein anderer Mann, den ich kenne. Du wusstest das Spiel zu spielen, kanntest meine Schwachpunkte. Du hattest diese gefährliche Gabe, Konflikte vorauszusehen und ihnen auszuweichen, bevor ich sie überhaupt erahnen konnte. Wir stritten nie heftig, obwohl es rückblickend betrachtet durchaus genug Anlass gegeben hätte. Du maltest mir ein Bild von Verbindlichkeit und so einer Art Liebe, ein Bild, auf das ich hereinfiel, weil ich es mir immer schon so sehr gewünscht hatte.


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