Wanderlust und Wanderfrust

So schmerzhaft ist es, wenn Zuneigung unerwidert bleibt: Unser anonymer beziehungsweise-Leser hat für seine Kollegin beim gemeinsamen Wandern Gefühle entwickelt.

Es war im Frühjahr, als mich meine Kollegin fragte, ob ich Lust hätte, mit ihr Wandern zu gehen. Wir waren bisher nicht näher befreundet, aber sie hatte mich bereits im Herbst zuvor gefragt wegen einer Wanderung. Meine Kollegin ist eine überaus strukturierte und fleißige Frau, allerdings ist sie nicht besonders beliebt. Auch ist sie sehr schweigsam. Wir haben beide das gleiche Sternzeichen, Steinbock, und teilen die Liebe für Camping, Outdoor und das Wandern. Was uns trennt, ist das Alter. Sie ist über 20 Jahre jünger. Das merkt man aber nicht, da ich mich sehr fit halte. Ich hatte mir deswegen nie Gedanken gemacht.

Bis sie mir während der ersten Wanderung deutlich machen musste, wie absurd meine Idee war, uns an der Grenze zu Deutschland als Paar auszugeben, um wegen Corona einreisen zu dürfen. Ihr Verhalten und ihre Abwehr haben mich schon früh irritiert und verletzt. Sie betonte, dass sie schließlich von Leuten für eine Zwanzigjährige gehalten würde. Objektiv gesehen, ist das aber völliger Quatsch. 

Klare Grenzen von Anfang an

Nach der ersten Wanderung war ich deshalb unsicher, wie es weitergehen könnte, aber es folgten noch sieben weitere tolle Wanderungen im Zeitraum von vier Monaten. Jedes Mal fiel ich danach allerdings in ein tiefes Loch. Nachrichten auf WhatsApp blieben generell unbeantwortet, meine Bemerkungen dazu, wie schön es mit ihr war, blieben stets unkommentiert. Wir hatten nie Körperkontakt, der Rucksack wurde immer als Abstandshalter dazwischen gestellt. Beim Abschied nach einer Wanderung hielt sie nie inne und bedankte sich für den fantastischen Tag, was ich immer machte. Ich machte ihr Komplimente, brachte ihr was mit und lud sie auf der Hütte zum Essen ein. Wenn ich einmal Feedback bekam, dann nur vage Anspielungen auf mein Alter. Oder sie gab mir den Hinweis, dass sie keine “typische Frau” sei. Diese Aussage habe ich bis heute nicht verstanden. 

Zwischen den Wanderungen bei der Arbeit war die Kommunikation äußerst schwierig. Was mich sehr befremdete, dass wir uns zu einem gemeinsamen Urlaub im Herbst verabredet hatten. Sie hatte dafür extra ihre Ferien verschoben. Aber plötzlich wurde von ihr der Kontakt vollständig abgebrochen. Es gab ein letztes Gespräch, bei dem ich den Eindruck hatte, dass ihr irgendetwas auf dem Herzen lag. Vorausgegangen war unsere achte und bis dato letzte Wanderung, bei der ich mich nicht mehr so zurückhalten konnte. Ich sagte ihr, wie wohl ich mich mit ihr fühlen würde, dass wir aus dem selben Holz geschnitzt seien, usw. Aber ich habe immer alle Grenzen respektiert!


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