Vergebens

Und jetzt? Ich sitze seit einem Jahr in meiner Wohnung, die zeitweise unsere war. Wenn ich vor dem Rechner sitze und diesen Brief schreibe, schaue ich mich um. Erwarte dich, plötzlich neben mir, mit einem Kuss, einem lockeren Spruch. Und dann merke ich: Hey, ich sollte nicht mehr daran denken.

Der Punkt ist, ich komme nicht über dich hinweg. Das ist der Grund, warum ich immer wieder Kontakt aufgenommen habe, aber ich glaube auch der Grund, warum du den Kontakt immer wieder erwidert hast. Da ist noch irgendwas, aber du hast keine Kraft mehr, kein Vertrauen in meine Änderungsbereitschaft.

Ich habe deine Nummer gelöscht, ich habe unsere Gespräche nicht mehr präsent, ich habe unsere Fotos gelöscht, ich habe ein neues Sofa. Ich bin am überlegen, umzuziehen, um nur nicht mehr an uns erinnert zu werden. Ist es Selbstbetrug?

Letztens überkam es mich wieder. Ich hörte ein Piano-Album. Wir haben leidenschaftlich Musik gehört, hatten viele gemeinsame Songs. Du spielst Klavier – das, was ich immer können wollte. Du warst und bist ein Mensch, der ich in Teilen immer sein wollte.

Ich schrieb dir, dass ich keine Grenzen mehr in meinem Kopf haben wollte, dass ich gelernt hätte, aufgrund deiner Sätze, Antworten, Reaktionen. Ich habe mir eingebildet, dass ich dir diesen Brief (wir haben uns oft Briefe geschrieben) schreibe, weil ich es loswerden musste. Heute weiß ich, dass alles stets mit der Hoffnung verbunden ist, dass Du zurückkommst. Dass Du uns noch eine Chance gibst. Dass wir zusammen das machen, was wir immer machen wollten: unser Leben genießen.

Wir. Zu zweit. Gegen den Rest der Welt. Du sagtest, dass wir mindestens ein Jahr brauchten, um das, was wir hatten, zu verarbeiten. Mittlerweile denke ich, dass ich mehr als ein Jahrzehnt brauche, um erstens jemanden zu finden wie dich und zweitens, mich auf diesen Menschen auch einzulassen. Ich weiß, es ist aussichtslos.

Aber glaub mir: Ich vermisse Dich schrecklich. Und schaue jeden Tag in meinen Briefkasten – vergebens – in der Hoffnung, eine Antwort von Dir darin zu finden.

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