Von da an führten wir eine jahrelange Brieffreundschaft, hin und her zwischen den verschiedensten Städten und Einrichtungen. Du erzähltest viel über die Zeit der Drogensucht und des Entzugs und ich, ja ich erzählte anfangs noch von meiner wilden Ausbildungszeit, später dann leider überwiegend von verschiedenen schweren Schicksalsschlägen.
Nach mehreren gescheiterten Anläufen kam schließlich doch noch Tag X, an dem wir uns wiedertrafen und nach anfänglicher Nervosität war es so, als wäre keine Zeit vergangen. Wir waren wieder oder immer noch diese besten Freunde von früher, die alles zusammen machten, sich alles erzählten, vor allem aber über alles gemeinsam lachten. In guten und in schlechten Zeiten.
Du trenntest dich von deiner Freundin und wir machten so etwas wie eine „WG“ auf. Und was wir noch „machten“? Wir verliebten uns wieder ineinander und uns war klar, dass wir zusammengehören und irgendwann zusammenkommen würden. Doch auch dieses Mal konnten wir unsere Liebe nicht leben. Schicksalsschläge hatten ihre Spuren hinterlassen. Ich war noch zu krank für eine Partnerschaft. Also konzentrierten wir uns auf das, was wir hatten, unsere einzigartige Freundschaft und hielten an ihr fest. Immer und immer wieder.
Diesen doch sehr schmerzlichen Ablauf durchlebten wir aus den unterschiedlichsten Gründen und wie mit einem Fluch belegt über mehrere Jahre hinweg immer wieder. Im Herbst letzten Jahres dann kam es vollkommen unerwartet zum ersten richtigen Kuss und wir kamen uns ungewohnt nah. Ja, wir überschritten die Grenze zweier bester Freunde und es war wunderschön. Einfach ein unvergessliches Gefühl. Es war wie ein „endlich ankommen“.
Wir waren uns sicher, dass unser Traum vom Wir nun endlich wahr werden würde. Doch auch dieses Mal fand die Träumerei ein schnelles Ende und wir mussten feststellen, dass auch dieser Zeitpunkt nicht passend gewesen war. Es sollte einfach wieder nicht sein. Ja, und heute sitze ich hier und frage mich, ob es überhaupt jemals so sein sollen wird?