Sie sind seit neun Jahren zusammen und nach außen hin ein glückliches Paar, doch zunehmend bedrückt unsere anonyme Autorin ein Fremdheitsgefühl ihrem Partner gegenüber
Um mich herum liegt Nebel. In meiner Hand liegt etwas Warmes. Es ist deine Hand. Der Nebel ist so dicht, dass ich dich nur bis zum Ellenbogen sehe. Von unseren Händen aus betrachtet. Alles fühlt sich kalt an, alles bis auf deine Hand. So fühle ich mich zurzeit. In mir, mit dir, in diesem Land.
Ich höre meine Freundinnen rufen. Sie sprechen Worte aus, die ich nicht verstehe. Ich fahre Bus und schaue dabei raus, weder gelangweilt noch bewegt. Um mich herum unterhalten sich die anderen Fahrgäste. Auch sie verstehe ich kaum. Es fühlt sich unwirklich an. Etwas ist passiert. Ich verstehe vieles nicht mehr. Ich habe mein Verständnis verloren.
Wir sind seit neun Jahren ein Paar. Ungefähr seit unserem Abitur. Die Jahre, die wir zusammen hatten, waren schön. Es gab bei uns keine großen Ausschläge, dafür aber viele schöne Momente. Die Postkarten an unserer Korkwand zeugen davon. Ebenso unsere Erinnerungen. Und dein Tagebuch, das ich einmal heimlich gelesen habe (entschuldige, bitte). Hätte ich auch eines geschrieben, ich hätte nichts anderes vermerkt als du. Das war gut mit uns beiden und ist es wohl irgendwie immer noch.
Aber da ist dieser Nebel um mich herum und manchmal höre ich aus deinen Worten heraus, dass auch du ihn wahrgenommen hast. Dass ich ihn mir nicht bloß einbilde. Ich würde gerne dein Gesicht sehen, aber ich spüre nur deine warme Hand. Ich würde gerne das Land sehen, aber ich sehe nur eine weiße Wand.