Beim Speed-Dating geht es nur um Äußerliches und sexuelle Anziehungskraft? Da kann nicht mehr draus werden als eine Affäre? Weit gefehlt, wie diese authentische Geschichte einer anonymen beziehungsweise-Leserin beweist
Ich war eingeengt und fühlte mich klein gehalten. Ja sogar unterdrückt. Ich konnte nicht ich sein, in vielerlei Hinsicht. Ich war unglücklich, fühlte mich nicht als Frau. Ich fühlte mich nicht begehrenswert. Fühlte mich kontrolliert und ausgebremst. Natürlich hatte auch ich meine Fehler und tat Dinge, die ich nicht hätte tun sollen. Ich fühlte mich in dieser Beziehung nicht wohl. Nicht respektiert. Ich fühlte mich oft allein gelassen, ohne Rückhalt. Kein Verständnis, keine Sorge um mich.
Ich wusste, so konnte es nicht weitergehen. Letztendlich habe ich es aber geschafft. Ich hatte mich endlich gelöst von dem, was mich jahrelang Stück für Stück zerbrach. Was mir die Luft zum Atmen genommen hat. Es war nicht einfach, weil ich Angst hatte vor dem Ungewissen, vor dem, was kommt.
Der Absprung rüttelte mich richtig wach. Ich war bereit, mein Leben zu leben. Ohne schlechtes Gewissen. Ohne Rechtfertigung. Ohne die übertriebene Eifersucht und die Angst, was er wohl denkt, was ich gerade tue und mit wem ich das tue. Und es fühlte sich gut an. Ich war endlich frei. Ich konnte endlich sein. Anders als vorher.
Austoben musste ich mich aber nicht. Das ist nicht meine Art. Ich bin nicht die Frau, die mal hier, mal da jemanden hat. Ich mag es beständig. Mit Gefühlen. Aber ich wollte erstmal alleine bleiben. Was nicht hieß, dass ich meine Fühler nicht ausgestreckt hätte. Aber nicht mit der Absicht, mich zu binden. Eher um zu sehen, wie ich als Frau wirke. Ich wollte die Bestätigung, die ich lange nicht mehr erhalten hatte.
Und dann kam er. Ungeplant trat er in mein Leben. Er hat mich von Anfang an fasziniert. Er hatte etwas an sich, das ich nicht erklären kann. Unser Kennenlernen war kurz, aber eindrucksvoll. Wie das nun mal so ist – beim Speed-Dating. Am Ende der Veranstaltung schlug ich allen Teilnehmern vor, dass wir uns alle noch etwas zusammensetzen. Warum auch nicht? Es waren wirklich nette Leute.
Er setzte sich mir gegenüber. Ich fand, er hatte irgendetwas. Wir unterhielten uns alle miteinander, aber er interessierte mich am meisten. Ich war die erste, die sich von der Gruppe verabschiedete und gab ihm zu verstehen, dass ich nicht abgeneigt war, ihn wiederzusehen. Ich wäre gerne länger geblieben, aber obwohl ich mich getrennt hatte, plagte mich ein schlechtes Gewissen und ich dachte, ich müsste nach Hause zurück.