Sie ist weit weg – und doch immer da

Ich sollte ihm in dieser Nacht seine Unschuld rauben, unbewusst … Ich war milde schockiert, aber fühlte mich auch geehrt. So viele Frauen wollten das tun, keiner hatte er sich hingegeben … nur mir. Ich war verliebt, und ehe ich es selbst bemerkte, hatte er mir den Verstand geraubt und mein Herz gestohlen.

Er ist einer Frau versprochen, die er nicht kennt

Allerdings … ist das Schicksal sehr wohl ein mieser Verräter. Denn drei Tage später sollte ich die bittere Wahrheit erfahren: Er ist einer anderen Frau versprochen, die er nicht einmal persönlich kennt. Und sobald ihr die Nachreise gewährt wird, kommt sie nach Deutschland und wird ihn heiraten. Als er mir dies eröffnete, lag ich mit meinem Kopf auf seiner Brust und streichelte ihn sachte.

Ich brauchte ein paar Sekunden, um das Gesagte zu realisieren. Versprochen. Einer anderen Frau. Ich fühlte mein Herz schlagen wie wild, meine Augen füllten sich nicht nur mit Tränen, nein, die Flut ergoss sich förmlich und ich richtete mich ruckartig auf … Er entschuldigte sich sofort, versuchte mich festzuhalten, es mir zu erklären, aber ich weinte hemmungslos, mit diesem widerlichen Gefühl in der Brust, als würde man mir die Luft abschnüren und alles Glück und sämtliche positive Energie stürbe augenblicklich eines qualvollen Todes.

Ich schrie, in meiner Verzweiflung, er solle gehen, raus hier, weg von mir!!! Doch er schüttelte den Kopf und blieb wo er war … Während ich ihm wiederholt dieselben Fragen entgegen schmetterte: „Wieso tust du mir das an? Warum hast du es nicht gleich gesagt?“ Die Antwort war so simpel wie niederschlagend. „Weil du gegangen wärst und ich wollte dich nicht gehen sehen.“ Ja, das ist egoistisch und falsch und nicht zu entschuldigen … Und doch habe ich es getan.

Denn jeder Mensch verdient es, die wahre Liebe zu finden und wenigstens einmal zu spüren und auch zu geben. Sein Leben bestand aus Geben und nichts dafür zu erwarten, aber leider tatsächlich auch nichts zu erhalten. Bis an diesem Tag mit mir seine Welt sich ebenfalls veränderte. Denn er liebt mich innig und voller Leidenschaft, gerade weil ich ein Mensch bin, der gibt, ohne zu fordern, und in Dankbarkeit und Güte alles gibt. So wie er. Und so ließ ich mein Herz entscheiden und ignorierte meinen Verstand.


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