Pornos zerstörten fast meine Beziehung

Da ich wirklich ziemlich aufgeschlossen und experimentierfreudig bin, machte ich vieles mit, sagte häufig Ja. Nicht aus Zwang, sondern weil ich es als Herausforderung ansah, weil es spannend war und so unbeschreiblich kinky. Einmal luden wir auch eine fremde Frau für ein paar Stunden zu dritt ein. Also: experimentierfreudig, ja. Aber ich habe Grenzen. Ich kann bestimmte Fantasien Fantasien sein lassen, ohne zu vermissen, sie auch wirklich auszuleben. Ich will sie gar nicht ausleben. Nie, niemals. Auch wenn ich es akzeptiere, dass ich (oder andere) sie habe(n) und sie wohl irgendwie ein bisschen auch zu mir gehören.

Der viele Pornokonsum hat meinen Freund wohl abgestumpft. Er schaute seine Filmchen heimlich. Obwohl er sonst beim Sex ultraselbstbewusst und offen war, war ihm das wohl doch peinlich. Das Thema wurde übersprungen, wenn es mal an die Tür klopfte. Vielleicht wusste er auch, dass etwas nicht mit ihm stimmte. Dass seine Sexualität eine schon ziemlich kranke Seite hatte.

Es kam immer häufiger zu Zoff im Bett, vorm Sex, währenddessen, danach. Wir stritten uns, er forderte, er flehte, einmal habe ich ihm sogar völlig überfordert eine gescheuert, ihm meinen Handrücken einmal durchs Gesicht gezogen. Ich begriff es nicht, begriff nicht, was los war. Das lief doch so gut mit uns, alles war gut, aber im sexuellen Bereich verkrampften wir.

Er meinte irgendwann, er bekäme bei mir keinen mehr hoch. Ich sei ihm zu langweilig, zu wenig mutig. Er sah bei diesen Worten aus wie ein begossener Pudel. Ein, zwei Tage lang war ich verzweifelt, stiegen in mir die Selbstzweifel auf. Aber dann erlangte ich wieder die Kontrolle über mich zurück und versuchte klar zu sehen. Während er duschte, durchsuchte ich seinen Laptop, seinen Browserverlauf, sammelte Informationen (ja, ich weiß, dass macht man nicht). Ohne etwas zu wissen, hatte ich wohl die richtige Intuition gehabt.

Ich kann es nicht sicher sagen, aber er muss wohl seit Monaten oder gar Jahren praktisch täglich stundenlang Pornos gesehen haben. Abends überwiegend, aber auch morgens vor der Arbeit. Das war ein Teil seines Lebens geworden. So ein Teil des Lebens wirkt sich immer irgendwie auch auf das ganze Leben aus. Das hatte ich ja am eigenen Leib zu spüren bekommen. Er konnte nicht mehr ohne und er brauchte immer mehr, immer krassere Sachen, er konnte nicht mehr normalo.

Ich stellte ihn zur Rede. Erst erstarrte er, dann schwieg er, dann rastete er aus, dann heulte er wie ein Schlosshündchen, erst alleine, dann in meinen Armen. Dann wurde er wieder wütend, dann … Es folgten schlimme Wochen. Aber ich sah ja etwas in ihm, ich mochte ihn, ich wollte ihn. Ich blieb stark und bei ihm.

Er fand einen Therapieplatz und begann, seine Issues aufzuarbeiten. Fand Wege, nicht mehr angewiesen zu sein auf den K(l)ick aus dem Netz. Unsere Beziehung nicht mehr mit seiner Sucht zu belasten. Es dauerte und es dauert noch immer. Aber es geht voran, Schritt für Schritt. Ich glaube, Pornos sind etwas Stinknormales. Wer sie nicht mag, schaut sie halt nicht. Wer sie mag, schaut sie halt. Aber, das hat mich mein Freund gelehrt, sie haben offenbar ein ziemliches Suchtpotenzial und sie beeinflussen oft auch stark, welche Sexualität wir leben (wollen).


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