Nobody’s Home: Diesseits der Einsamkeit

Unser anonymer Autor beschreibt sein langes Ringen mit der Einsamkeit und wie er am Ende unverhofft eine ganz besondere Beziehung wieder aufleben lassen konnte

Ich dachte immer, Einsamkeit sei kein Thema in meinem Leben. Und an das Morgen dachte ich nicht.

Doch dann kam dieser eine Tag. Mein Vater starb. Meine Mutter wurde Witwe, ich vaterlos. Morgens, nach dem Aufwachen, war sie noch Ehefrau gewesen. Abends waren wir beide jeweils mit einem Loch im Herzen schlafen gegangen und hatten doch nicht einschlafen können.

Ein Jahr später hatte sich dann auch meine dato fast fünf Jahre währende Beziehung in Luft aufgelöst. Nichts hatte bis zu diesem einen unsäglichen Tag darauf hingedeutet.

Ich ging arbeiten, Tag für Tag. Abends kaufte ich ein, kochte mir etwas, aß, sah fern oder vergeudete meine Zeit im Internet. Im Urlaub wusste ich nichts mit mir anzufangen. Ja, ich trieb Sport. Ja, ich traf Freunde. Ja, ich ging tanzen. Ja, ich lachte auch mal. Ja, ich fand das Leben immer noch ganz okay. Nein, ich war nicht depressiv. Und nein, ich schlitterte emotional nicht immer tiefer in ein dunkles Loch hinein.

Aber ich war einsam. Ich fühlte mich einsam. Und ich realisierte, dass ich mir etwas vorgemacht hatte mit meiner Überzeugung, Einsamkeit sei noch nie ein Thema in meinem Leben gewesen, denn ich erinnerte mich wieder an eine lange verdrängte Zeit, in der ich mich schon einmal so gefühlt hatte. Ähnlich zumindest. In meiner Jugend war das gewesen, ich war da so fünfzehn, sechszehn. Ich kannte das doch alles schon. Der Schmerz war derselbe – nur eben ein wenig anders.

Ich war nicht die einzige einsame Person in meinem Umfeld. Ich spürte, wie sehr der Tod meines Vaters meiner Mutter den Boden unter den Füßen weggezogen hatte. Wir beiden hätten vielleicht eine Allianz gegen die plötzliche Leere bilden können, aber wir hatten keine Sprache füreinander.


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