Zeit verging, Wochen, Monate. Wir feierten unseren ersten Jahrestag, unseren zweiten. Und langsam schlich sich etwas in unsere anfangs so schöne Beziehung ein, das ihr nicht gut tat. Sie bekam Risse. Ich fand Ben nicht mehr ganz so witzig und charmant. Und vielleicht deshalb fand ich ihn langsam auch nicht mehr ganz so attraktiv, wenn er mit seinem Norwegerpulli, den er sich gerne über die angezogenen Knie stülpte („Der leiert doch aus, Schatz!“), auf der Couch im Wohnzimmer unserer gemeinsamen Wohnung saß und erst die Tagesschau und danach den Tatort konsumierte. Die Liebe, die uns verbunden hatte, entwich aus den Fenstern und zurück blieb etwas, das mehr der Freundschaft zweier Faultiere glich. Ich gebe gerne zu, dass auch Ben mich nicht mehr ganz so Granate fand wie am Anfang. Das hatte er mir zumindest in einem unserer seltenen, etwas lauteren Disputen so mitgeteilt. Eine Beziehung mit Rissen, die Freundschaft zweier Faultiere und eine Granate, die nicht zündet: Das war dann leider zu viel und wir trennten uns.
Er zog aus, ich blieb in der Wohnung zurück und heulte, weil ich die plötzliche Stille nicht ertrug, das Fehlen von vertrauter Wärme. Ich heulte lange, aber dann ging es wieder. Man kann als Single überleben, stellte ich fest. Ja, Single sein ist manchmal sogar ganz fetzig. Ich lernte mein neues Leben zu genießen. Manchmal stellte ich mir abends im Bett (mit 1,80 viel zu groß für einen Single) die Frage, ob es ein Fehler war. Das mit Ben. Ein Fehler, weil wir beide ja irgendwie gescheitert waren. Weil ja jede zerbrochene lange Beziehung irgendwie als Post-it auf der Stirn den Hinweis kleben hat: Alle Hoffnungen enttäuscht, wieder nicht geklappt, und jetzt sind Jahre vergangen, Jahre, in denen du jung warst. Und jetzt bist du alt.
Aber so darf man nicht denken, finde ich. Es gab ja so viel Schönes, das vergisst man leider halt nur schnell, wenn das Ende gekommen und schmerzhaft gewesen ist. Ben war der richtige Mann, damals. Ich bereue es nicht, einen Abschnitt meines Lebens an seiner Seite verbracht zu haben. Es war überwiegend eine schöne Zeit. Trotzdem, Amor, hättest du damals am Alpenrand etwas wacher sein können. Etwas präziser beim Zielen. Denn das alles, das mit der Liebe, wäre um einiges leichter gewesen.