Letzte Fahrt nach Berlin

Wir setzten uns in eine Bäckerei, bestellten Kaffee. Sie schaffte es, mich zum Lachen zu bringen, obwohl mir absolut nicht danach war. Als mein Chef mich noch einmal anrief und einen Tobsuchtsanfall bekam, tröstete sie mich. Wir aßen noch ein Stück Kuchen. Draußen schneite es immer noch. Eigentlich mochte ich Schnee ja gerne. Als ich klein war, gab es viel mehr Schneetage als heute, deswegen war dieser Tag etwas Besonderes, eigentlich etwas Schönes. Aber der Schnee kam zum falschen Zeitpunkt. Erst später begriff ich, dass es der richtige gewesen war.

Sie erzählte mir von ihrer sich auflösenden Beziehung. Ich weiß gar nicht mehr, warum wir immer wieder darauf zurückkamen. Zweimal im Monat quer durchs Land zu ihm, während er sie kaum besuchte. Sein Studium, Berlin, diese große, aufregende Stadt. Berlin, meinte sie, sei eine eifersüchtige Freundin, wolle keine zweite Göttin neben sich. Sie erzählte mir von seinen nächtlichen Touren, dem Studium, seinem Traum von einem Leben ohne Verpflichtungen. Ich hörte ihr zu, stellte ihr die Frage aber nicht, die mir auf der Zunge lag. Wir aßen noch ein zweites Stück Kuchen. Ich bemerkte, wie schön ich sie fand, vor allem ihre Stimme.

Endlich nannten wir unsere Namen. Lena hieß sie. Ich fand, sie sah auch aus wie eine Lena. Aber das sagte ich ihr nicht. Aus halb fünf wurde Viertel vor fünf. Wir gingen zurück zum Zug, draußen war es eisigkalt. Keine neuen Informationen. Das Unwetter hatte viele Strecken deutschlandweit lahmgelegt. Es werde einen Ersatzverkehr mit Bussen geben, aber wir sollten uns noch eine Weile gedulden. Mein Puls ging wieder rauf und Lena brachte mich erneut zum Lachen.


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